Die Effektstärke einer Behandlung ist der Wert, um den sich die Symptomatik verbessert.
Die Größenordnung der gefundenen Effektstärken wird anhand von Standardkriterien beschrieben.
Ein Maß, in dem Effektstärke gemessen wird, ist SMD (standardisierte mittlere Differenz, Cohen’s d): klein = 0,20, mittel = 0,50, groß = 0,80.
Ein “kleiner” Effekt ist in der Regel bei einem Individuum schwer zu beobachten, kann aber für die öffentliche Gesundheit sehr wichtig sein, wenn es sich um eine allgemeine Exposition handelt, die viele Individuen betrifft.
Ein “mittlerer” / “mäßiger” Effekt sollte für einen aufmerksamen Beobachter wahrnehmbar sein. Ab 0,5 klinischer Nutzen.
Ein “großer” / “starker” Effekt stellt eine deutlich spürbare Verbesserung dar.
Die höchste Wirkung bei der Behandlung von ADHS zeigen Medikamente (vor allem Stimulanzien).
ADHS-Medikamente haben innerhalb der psychiatrischen Medikamente eine Sonderstellung. Im Vergleich zur üblichen Effektstärke von psychiatrischen Medikamenten ist die Effektstärke von Stimulanzien bei ADHS außergewöhnlich hoch (AMP (SMD ca. 1,1 bis 1,5) und MPH (ca. 0,9 bis 1,1)).. Es sind die höchsten Effektstärken, die für psychiatrische Medikamente gefunden wurden. Die durchschnittliche Effektstärke von Psychopharmaka beträgt 0,49 (SMD).
Verhaltenstherapie allein ist bei Weitem nicht so wirksam wie Medikamente allein, mit einer Effektstärke von 0,3 bis 0,34
Eine Kombination von Medikamenten und intensiven Verhaltensinterventionen schnitt in der MTA-Studie an n = 579 Kindern zwischen 7 und 9 Jahren nicht signifikant besser ab als Medikamente allein. Bei impulsiv-aggressiver Symptomatik und emotionalen Störungen waren Medikamente und Verhaltenstherapie gleich wirksam. Eine jüngere umfangreiche Metastudie von k = 190 Untersuchungen mit n = 26.114 Teilnehmern mit ADHS-HI kam zu vergleichbaren Ergebnissen.
Es wird berichtet, dass Medikamente während einer Psychotherapie die Lernwirksamkeit der Psychotherapie erhöhen. Nach unserem Verständnis stellen sie in vielen Fällen überhaupt erst die Therapiefähigkeit her, da Stimulanzien das Dopamindefizit beseitigen und damit die zur Lernfähigkeit erforderliche neurotrophe Wirkung des Dopamins, die Plastizität des Gehirns zu unterstützen, wiederherstellen. ⇒ Neurophysiologische Korrelate von Lernproblemen bei ADHS
Medikamente wirken bei ADHS nur so lange, wie sie gegeben werden. Psychotherapie, Umfeldintervention und Psychoedukation haben dagegen langfristige Wirkung und wirken über ihre konkrete Anwendung hinaus.
Die in diesem Beitrag genannten Effektstärken beziehen sich in der Regel auf SMD-Werte (Standard mean difference). SMD ist ein Wert, der unterschiedliche Studien miteinander vergleichbar macht. Es kommt jedoch immer darauf an, womit verglichen wird, da SMD einen Vergleichswert darstellt, sodass eine Behandlungsmethode im Vergleich zu Placebo eine ganz andere SMD hat als im Vergleich zu einer “Standardbehandlung” oder im Vergleich zu einer anderen Behandlungsmethode. Gleichwohl geben die Daten in ihrer Gesamtheit einen Eindruck zum Vergleich der Wirksamkeit zwischen den verschiedenen Medikamenten und Behandlungsformen.
Bei der Beurteilung von Studien zu Effektstärken muss zwischen unverblindeten und verblindeten Bewertungen unterschieden werden. Unverblindete Bewerter sind voreingenommen (Bias) und überschätzen die Behandlungseffekte. Bei Elternbewertungen erhöht die Kenntnis der Maßnahme die elterliche Toleranz gegenüber ADHS und/oder ihre Fähigkeit, mit den negativen Auswirkungen umzugehen, anstatt die Symptome zu verringern. Erst recht führt eine eigene Mitwirkung zu einem Bias (“der Aufwand muss sich doch gelohnt haben”), weshalb gerade Elternratings mit besonderer Vorsicht zu betrachten sind. Lehrerratings sind im Vergleich dazu deutlich neutraler.
Effektstärken in den Überschriften geben die Bandbreite der Studien / Metastudienergebnissen an, wobei der niedrigste und der höchste Wert weggelassen wurden, um Verzerrungen durch Ausreißer zu begrenzen. Weiter sind in den Überschriften nur dann Werte angegeben, wenn eine ausreichende Anzahl an Studien oder Metastudien eine belastbare Aussage zulässt.
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1. Wirksamkeitsstärke der Behandlungsmethoden
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1.1. Vergleich nach Effektstärke (SMD)
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1.1.1. Medikamentöse Behandlung nach Effektstärke
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1.1.1.1. Stimulanzien: 0,8 bis 1,5
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1.1.1.2. Nichtstimulanzien gesamt: 0,52 bis 0,71
-
1.1.1.2.1. Guanfacin Monotherapie: 0,67 bis 0,76 für Kinder und Jugendliche
-
1.1.1.2.2. Kombinationstherapie Guanfacin mit Stimulanzien: plus 0,36 ggüber Stimulanzien allein
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1.1.1.2.3. Clonidin: 0,38
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1.1.1.2.4. Atomoxetin: 0,63 KiJu, 0,45 Erwachsene
-
1.1.1.2.5. Bupropion: 0,32 bis 0,46
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1.1.1.2.6. Modafinil: 0,62 bis 0,76 KiJu
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1.1.1.2.7. Viloxazin
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1.1.1.2.8. Centanafadin
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1.1.1.2.9. Dasotralin
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1.1.1.2.10. Cannabinoide, Sativex
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1.1.1.2.11. SGA (zweite Generation von Antipsychotika) auf Hyperaktivität bei ASS
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1.1.1.2.12. Desipramin
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1.1.1.2.12. Tipepidin
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1.1.1.2.13. Nortriptylin
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1.1.1.2.14. Selegelin
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1.1.2. Wirksamkeit von nichtmedikamentösen Therapieformen bei ADHS nach Effektstärke
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1.1.2.1. Sport (Ausdauertraining): ca. 0,8 (0,62 bis 1,96)
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1.1.2.2. Achtsamkeitsbasierte Verhaltenstherapie (MBCT)
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1.1.2.3. Kognitive Verhaltenstherapie: 0,5 (0,3 bis 0,85)
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1.1.2.4. Neurofeedback: 0,29 bis 1,2
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1.1.2.5. Elterntraining: 0,31 bis 0,68
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1.1.2.6. Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) 0,54
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1.1.2.7. Kognitives Selbstregulationstraining 0,54
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1.1.2.8. Verhaltenstraining 0,54
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1.1.2.9. Nahrungsmitteldiäten: 0,51
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1.1.2.10. Kognitives Training 0,22 bis 0,45
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1.1.2.11. Psychologische Verhaltensinterventionen insgesamt: 0,35 für Kinder und Jugendliche
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1.1.2.12. Sozialkompetenztraining / Social Skills Training 0,26 bis 0,31
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1.1.2.13. Probiotika: 0,25
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1.1.2.14. Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) 0,23
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1.1.2.15. Omega-3/-6 / PUFA-Supplementierung: 0,11 bis 0,17
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1.1.2.16. Zink
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1.1.2.17. Acetyl-L-Carnitin
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1.1.2.18. Phosphatdilyserin
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1.1.2.19. Eisen
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1.1.2.20. Johanniskraut
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1.1.2.21. Safran
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1.1.2.22. Weizenprotein
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1.1.2.23. Antioxidantien
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1.1.2.24. Lehrertraining
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1.1.2.25. Virtual-Reality-Interventionen
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1.1.2.26. Online-Interventionen
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1.1.2.27. Arbeitsgedächtnistraining
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1.1.2.28. Digitale Therapiespiele
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1.1.2.29. Schulische Interventionen
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1.2. Vergleich nach Risikoverringerung
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1.3. Vergleich nach Odds Ratio (OR)
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1.4. Multimodale Therapie
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2. Wirksamkeitslatenz der Behandlungsformen
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3. Wirksamkeitsgegenstand der Behandlungsformen
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4. Wirksamkeitsdauer der Behandlungsformen
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5. Verträglichkeit
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6. Vergleichswerte: Effektstärke bei anderen Störungsbildern
1. Wirksamkeitsstärke der Behandlungsmethoden¶
Die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten haben unterschiedliche Wirksamkeit.
Je nach Fragestellung ist eine niedrigere oder eine höhere SMD “besser”.
Wir haben die SMD der Studien in dieser Übersicht normalisiert, sodass stets eine höherer Wert für eine größere Wirksamkeit in Bezug auf die Behandlung der ADHS-Symptome steht.
1.1. Vergleich nach Effektstärke (SMD)¶
SMD (standardisierte mittlere Differenz, Cohen’s d) ist eines der Maße, in dem Effektstärke gemessen werden kann: klein = 0,20, mittel = 0,50, groß = 0,80.
SMD 0,2: NNT = 8,93
SMD 0,3: der Wert der Durchschnittsperson in der Experimentalgruppe ist größer als der Wert von 62 % der Personen der Kontrollgruppe
SMD 0,5: bei 69 % größer als in Kontrollgruppe; NNT = 3,62
SMD 0,6: bei 73 % größer
SMD 0,75: bei 77 % größer
SMD 0,8: NNT = 2,34
SMD 1,0: rund 70 % ige Wahrscheinlichkeit eines Behandlungsnutzens
SMD 2,0: knapp 90 % ige Wahrscheinlichkeit eines Behandlungsnutzens
SMD wird berechnet als Mittelwert der Wirkstoffgruppe minus Mittelwert der Vergleichsgruppe, wobei das Ergebnis durch die gepoolte Standardabweichung der Gruppen geteilt wird. SMD ist also ein Maß der Effektgröße, das Mittelwertunterschiede zwischen zwei Gruppen mit gleichen Gruppengrößen und gleichen Gruppenvarianzen abbildet. Gemessen wird der Effekt im Vergleich zu einer Vergleichsmaßnahme (in der Regel Placebo). Daher misst SMD nicht die gesamte Verbesserung, sondern um wie viel die Verbesserung größer war als beim Wettbewerber (idR Placebo). Sofern wir keine andere Angabe machen, ist die Effektstärke nach SMD gegenüber Placebo gemeint,
1.1.1. Medikamentöse Behandlung nach Effektstärke¶
Übersichtsarbeiten
Eine Meta-Meta-Analyse (Umbrella-Studie) fand eine Effektstärke für
- pharmakologische Behandlung von ADHS von
- 0,67 (Elternrating)
- 0,68 (Lehrerrating) und für
- psychologische Interventionen von
- 0,42 (Elternrating) und
- 0,25 (Lehrerrating).
Metastudien
- 0,61 Metastudie an k = 49 Studien mit n = 7.685 Kinder und Jugendliche über alle ADHS-Medikamente in Bezug auf ADHS-Symptome insgesamt
- 0,45 Metastudie an k = 44 Studien mit n = 9.952 Teilnehmern über alle Medikamente bei ADHS insgesamt
1.1.1.1. Stimulanzien: 0,8 bis 1,5¶
- Altersunabhängig
- Die Effektstärke von Stimulanzien wurde um 0,44 stärker als Nichtstimulanzien berichtet (Expertenrating).
- Eine Metastudie an k = 15 RCTs mit n = 4.648 Kindern und/oder Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren mit ADHS fand eine Effektstärke von;
- 0,83 für Stimulanzien
- 0,58 für Nichtstimulanzien
- bei Kindern und Jugendlichen
- 0,88 auf ADHS-Symptome insgesamt (Metastudie, k = 12, n = 1.620)
1.1.1.1.1. Amphetaminmedikamente: 1,1 bis 1,5¶
-
Amphetaminmedikamente altersunabhängig
- Amphetaminmedikamente insgesamt:
- 1,1
- 1,0
- 0,8 bis 1,5
- 0,90 in der Expertenbeurteilung als Update einer früheren Metastudie mit damals 0,72
- nach Symptomen:
- bei Unaufmerksamkeit: 1,5 (Lisdexamfetamin-Medikamente, allerdings nur eine Untersuchung)
- bei Hyperaktivität: ca. 1,2 (Amphetaminmedikamente insgesamt)
- nach Wirkstoff
- Lisdexamfetamin (Elvanse) 1,06 bis 1,52
- 1,34, 1,46 und 1,53 (3 Studien zu Kindern)
- 1,52
- 1,28
- 1,06
- 0,89 Bei MPH-Nonrespondern wurden in einer randomisierten Doppelblindstudie mit n = 200 Probanden Lisdexamfetamin und Atomoxetin verglichen. Lisdexamfetamin wirkte in 2 von 6 Kategorien und in der Gesamtbeurteilung signifikant besser als Atomoxetin. In Bezug auf Lernen und Schule war Lisdexamfetamin um 0,19 SMD besser als Atomoxetin.
- d-Amphetamin unretardiert
- d-Amphetamin retardiert
- 1,13 (nicht: Lisdexamfetamin)
- Gemischte Amphetaminsalze unretardiert
- 1,34 0,64
- 0,80
- In einer Metastudie aus der Zeit bevor es Lisdexamfetamin gab, wies Adderall die beste Effektstärke auf, deutlich besser als Methylphenidat.
- Gemischte Amphetaminsalze retardiert (z.B. Adderall XR; Mischung von Dexamphetamin und Levoamphetamin im Verhältnis 3:1)
-
Kinder und Jugendliche:
- Amphetaminmedikamente insgesamt:
- 1,16 (Metastudie, k = 5, n = 757 Kinder) Dabei schnitt Lisdexamfetamin mit 1,34, 1,46 und 1,53 (3 Studien) deutlich besser ab als Amphetaminmischsalze mit 0,76 und 0,77.
- 1,02
- 0,84 im Arztrating; k = 3, n = 813
- 0,57 im Elternrating; k = 7, n = 1.247
- 0,55 im Lehrerrating; k = 5, n = 745
- Lisdexamfetamin
- 1,34, 1,46 und 1,53 (3 Studien)
- Gemischte Amphetaminsalze (Adderall):
- 0,85
- 0,9 bis 1,2 Adderall XR
- Amphetamin Suspension mit verlängerter Freisetzung
- 0,8 / 0,5 bis 0,8 für bis zu 13 Stunden
-
Erwachsene:
- 0,79 was sich mit weiteren Veröffentlichungen deckt Amphetaminmedikamente haben bei Erwachsenen mit ADHS eine NNT von 1,6.
- Lisdexamfetamin:
- 1,07 bei europäischen Erwachsenen (Lisdexamfetamin-Medikamente; Metastudie aus 22 Untersuchungen)
- 0,97
- 0,5
-
Gemischte Amphetaminsalze:
- 0,76, 0,77 (2 Studien)
- 0,75 altersunabhängig
-
auf Emotionale Dysregulation ca. 0,41 (Stimulanzien und ATX), im Vergleich zu 0,8 auf ADHS-Symptome insgesamt
1.1.1.1.2. Methylphenidat: 0,9 bis 1,1¶
Erwachsene:
- 0,49 für MPH insgesamt (insgesamt meint: ohne Differenzierung zwischen unretardiert und retardiert)
- 0,58 für unretardiertes MPH, fand eine Metatudie von k = 18 RCT bei n = 2.045 Erwachsenen
- Dosishöhe
- 0,58 bei durchschnittlicher Dosis von 57,4 mg/Tag
- je Erhöhung von 10 mg/Dosis ergab sich eine Erhöhung der Effektstärke um 0,12
- Dosierungsregime
- 0,40 feste Dosen
- 0,53 variable Dosierung
- OROS-MPH
- Rertardiertes MPH im Vergleich zu Placebo
-
ADHS-Symptome insgesamt
- 0,37 Selbsteinschätzung; k = 16, n = 3799
- 0,42 Arztbeurteilung; k = 18, n = 4183
- 0,31 Gleichaltrige und Familienmitglieder; k = 3, n = 1005
- Lebensqualität
- 0,15 Selbsteinschätzung; k = 6, n = 1888
- Verringerung der Arbeitsfehltage 0,15; k = 1, n = 409
- Emotionale Dysregulation:
- 0,41 (Stimulanzien und ATX), im Vergleich zu 0,8 auf ADHS-Symptome insgesamt
- 0,34 für MPH (ohne Differenzierung zwischen unretardiert und retardiert)
Metastudien zum Vergleich MPH mit Atomoxetin:
Im Vergleich zu Atomoxetin erwies sich MPH in der Gesamtheit seiner Medikationsformen als kaum überlegen (0,07 bis 0,09.). In Bezug auf Unaufmerksamkeit war MPH insgesamt minimal überlegen (0,13.).
OROS-MPH erwies sich jedoch um 0,31 bis 0,32 wirksamer als Atomoxetin.
Die Responderrate von MPH war um 14 % höher.
Metastudien zum Vergleich MPH mit Neurofeedback:
Methylphenidat erwies sich laut einer Metastudie von k = 18 RCT mit 778 Teilnehmern Neurofeedback überlegen mit einer Effektstärke von:
- 0,59 auf ADHS-Kernsymptome
- 0,96 auf Unaufmerksamkeit
- 0,47 auf Inhibition
bei einer um 40 % höheren Behandlungsabbruchrate unter MPH.
1.1.1.1.3. Mazindol¶
Mazindol, eine wach machende Substanz mit stimulierenden Eigenschaften, zeigte eine hohe Effektstärke von 1,09 auf ADHS-Kernsymptome bei Erwachsenen mit ADHS.
Zur Bestätigung sollten weitere Studien hierzu abgewartet werden.
1.1.1.2. Nichtstimulanzien gesamt: 0,52 bis 0,71¶
Nichtstimulanzien gesamt
- Altersunabhängig
- bei Kindern und Jugendlichen
- 0,52 als laut einer Metastudie zur Effektstärke auf ADHS-Symptome insgesamt (k = 37, n = 6.065)
Die Effektstärke von Stimulanzien wurde um 0,44 stärker als Nichtstimulanzien berichtet (Expertenrating).
1.1.1.2.1. Guanfacin Monotherapie: 0,67 bis 0,76 für Kinder und Jugendliche¶
Guanfacin hat als Monotherapie eine Effektstärke von 0,57 bis 0,8.
- Kinder und Jugendliche:
- 0,8
- 0,76
- 0,67 (Metastudie)
- 0,60 (ca.) durch Guafancin XR auf ADHS-Gesamtsymptome (Metastudie, k = 6)
α-2-Agonisten (Guanfacin und Clonidin) bei Kindern und Jugendlichen
- 0,59 auf ADHS-Gesamtsymptome (Metastudie, k = 12, n = 2.276 Kinder und Jugendliche) bei α-2-Agonisten-Monotherapie (k = 9, n = 1 550):
- 0,56 auf Hyperaktivität/Impulsivität (k = 9, n = 1 550)
- 0,57 auf Unaufmerksamkeit (k = 9, n = 1 550)
- 0,44 auf ODD-Symptome (k = 9, n = 1 550)
- geringere Abbrüche der Monotherapie aufgrund Unwirksamkeit als bei Placebo
- 0,52 (ca.) auf ADHS-Gesamtsymptome (Metastudie, k = 11, n = 1.885 Kinder und Jugendliche)
1.1.1.2.2. Kombinationstherapie Guanfacin mit Stimulanzien: plus 0,36 ggüber Stimulanzien allein¶
Eine Kombination von MPH mit Guanfacin wirkt besser als MPH alleine.
Für eine augmentierende Zusatzbehandlung mit α-2-Agonisten (k = 3, n = 726) ergab sich eine zusätzliche Wirkung von (Metastudie):
- 0,36 auf ADHS-Gesamtsymptome
- 0,33 auf Hyperaktivität/Impulsivität
- 0,34 auf Unaufmerksamkeit
Eine Metastudie ermittelte für eine zusätzliche Einnahme von Alpha-2-Agonisten (Guanfacin, Clonidin) neben Stimulanzien bei Kindern und Jugendlichen als Effektstärke auf ADHS-Symptome insgesamt:
- 0,36 als Zusatzeffektstärke der Alpha-2-Agonisten im Vergleich zu Stimulanzien alleine (k = 5, n = 724)
- 0,64 und 0,34 ermittelten die beiden Studien für Guanfacin XR (beide statistisch signifikant)
- 0,34, 0,30 und 0,16 ermittelten die drei Studien für Clonidin (nur eine davon statistisch signifikant).
Eine Studie fand eine verbesserte Wirkung von Guanfacin plus MPH als Guanfacin oder MPH allein:
- Guanfacin allein: bei 68 % der Betroffenen eine Symptomreduzierung um mindestens 50 %
- Methylphenidat allein: bei 81 % der Betroffenen eine Symptomreduzierung um mindestens 50 %
- Kombinationsmedikation aus MPH und Guanfacin: bei 91 % der Betroffenen eine Symptomreduzierung um mindestens 50 %)
1.1.1.2.3. Clonidin: 0,38¶
- Altersunabhängig:
- Kinder und Jugendliche:
- 0,71 (Metastudie)
- 0,38 (ca.) auf ADHS-Gesamtsymptome (Metastudie, k = 5)
- bei Kindern mit ADHS und komorbiden Tics oder Tourette-Syndrom
- 0,40 in der Elternbewertung (Studie mit n = 68 Teilnehmern)
Studien zu Alpha-2-Agonisten allgemein (Guanfacin und Clonidin) siehe unter Guanfacin Monotherapie und Guanfacin Kombinationsmedikation mit Stimulanzien.
1.1.1.2.4. Atomoxetin: 0,63 KiJu, 0,45 Erwachsene¶
Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (Atomoxetin und Viloxazin) zeigten eine Effektstärke von 0,55 auf ADHS-Symptome allgemein (Metastudie, k = 28, n = 1.925).
1.1.1.2.5. Bupropion: 0,32 bis 0,46¶
Metastudien:
- Bupropion altersunabhängig:
- Kinder und Jugendliche:
- Erwachsene:
1.1.1.2.6. Modafinil: 0,62 bis 0,76 KiJu¶
- Modafinil altersunabhängig:
- Kinder und Jugendliche:
- 0,71 bis 0,77 im Vergleich zu Placebo (Metastudie, k = 5 RCT)
- 0,76 (Metastudie, k = 4; n = 667) wobei 3 der 4 Studien eine Effektstärke von 0,42 bis 0,54 berichteten.
- 0,62
- 0,52 (Metastudie)
- Erwachsene:
- minus 0,16 (Verschlechterung; Metastudie)
1.1.1.2.7. Viloxazin¶
Die Effektstärke von Viloxazin wurde in verschiedenen Studien mit zwischen 0,46 bis 0,63 ermittelt.
1.1.1.2.8. Centanafadin¶
Herstellerangabe 0,6.
Hier sind unabhängige Studien abzuwarten.
1.1.1.2.9. Dasotralin¶
Eine 6-wöchige RCT mit 342 Kindern im Alter von 6–12 Jahren fand eine Effektstärke von 0,48 bei 4 mg/Tag. 2 mg/Tag waren nahezu wirkungslos.
Eine Metastudie von k = 8 Studien fand als Effektstärke von Dasotralin bei Kindern und Erwachsenen mit ADHS:
- 0,35 auf ADHS-Gesamtsymptome
- 0,27 auf Hyperaktivität/Impulsivität
- 0,33 auf Unaufmerksamkeit
1.1.1.2.10. Cannabinoide, Sativex¶
Zu THC gibt es nur eine kleine RCT mit n = 30 Probanden. Diese fand eine Effektstärke von 0,2 im Vergleich zu Placebo für kognitive Leistung.
1.1.1.2.11. SGA (zweite Generation von Antipsychotika) auf Hyperaktivität bei ASS¶
Eine Metastudie untersuchte die Effektstärke der zweiten Generation von Antipsychotika auf das ADHS-Symptom der Hyperaktivität bei Kindern mit ASS:
0,66 Stimulanzien
0,59 SGA
1.1.1.2.12. Desipramin¶
Desipramin verbesserte die Kernsymptome von ADHS bei Kindern und Jugendlichen
- 1,42 im Elternrating (k = 2, n = 99)
- 0,97 im Lehrerrating (k = 2, n = 89
- im Ärzterating (k = 2, n = 103 , keine Angabe in SMD)
- 0,90 im Elternrating bei Kindern mit ADHS und komorbiden Tics oder Tourette-Syndrom (Studie mit n = 68 Teilnehmern)
Desipramin ist aufgrund der breitbandigen Wirkung und der hohen daraus resultierenden Nebenwirkungen heute in den meisten Ländern nicht mehr auf dem Markt.
1.1.1.2.12. Tipepidin¶
0,38 bei Kindern und Jugendlichen nach einer Einzelstudie (n = 51)
1.1.1.2.13. Nortriptylin¶
Verbesserung der Kernsymptome von ADHS bei Kindern und Jugendlichen im Ärzterating. Keine Angabe in SMD.
1.1.1.2.14. Selegelin¶
Selegelin zeigte sich in zwei Studien nicht besser als Placebo in Bezug auf die Verbesserung von ADHS-Symptomen.
1.1.2. Wirksamkeit von nichtmedikamentösen Therapieformen bei ADHS nach Effektstärke¶
Wirksamkeit angegeben in Effektstärke (SMD). Höhere Werte sind besser.
Eine Meta-Meta-Analyse fand eine Effektstärke für die pharmakologische Behandlung von ADHS von 0,67 (Elternrating) und 0,68 (Lehrerrating) und für psychologische Interventionen von 0,42 (Elternrating) und 0,25 (Lehrerrating).
Eine Metastudie von k = 32 veröffentlichten RCTs für Verhaltensinterventionen (alle Interventionen, die auf eine Steigerung erwünschter und Verringerung unerwünschter Verhaltensweisen abzielen, also klassisches Kontingenzmanagement, Verhaltenstherapie (hauptsächlich durch Mediatoren wie Eltern oder Lehrer) und kognitive Verhaltenstherapie (wie verbale Selbstinstruktion, Problemlösungsstrategien oder Training sozialer Fähigkeiten) an Kindern von 3 bis 18 Jahren, fand
- unverblindet
- Verbesserungen der Erziehungsqualität:
- 0,68 positives Erziehungsverhalten
- 0,57 negatives Erziehungsverhalten
- 0,37 elterliches Selbstkonzept
- 0,35 ADHS des Kindes
- 0,26 Verhaltensprobleme
- 0,47 soziale Fähigkeiten
- 0,28 Schulleistungen
- verblindet blieben nur noch manche Ergebnisse statistisch signifikant:
- 0,63 positives Erziehungsverhalten
- 0,43 negatives Erziehungsverhalten
- 0,31 Verhaltensprobleme
1.1.2.1. Sport (Ausdauertraining): ca. 0,8 (0,62 bis 1,96)¶
Neben der Effektstärke sollte auch die Therapietreue beachtet werden. Daher sollten Betroffene die Sportart ausüben, die ihnen am meisten Spaß macht.
Studien
- Eine Aerobic-Gruppensportprogramm bewirkte bei Teilnehmern mit unterschiedlichen Störungsbildern Verbesserungen gegenüber der passiven Kontrollgruppe in Bezug auf:
- globale ADHS-Symptomschwere: 0,77
- Depression; 0,68
- Angst: 0,87
- Schlafqualität: 0,88
Metastudien
- 0,93 nach einer Metauntersuchung von 5 Studien mit insgesamt 144 Probanden. Bedauerlicherweise erfolgte kein Vergleich zur Effektstärke von Medikation.
- 0,65 für Ausdauertraining bei Kindern mit ADHS:
- Aufmerksamkeit: 0,84
- Angstsymptome: 0,66
- Exekutivfunktionen: 0,58
- Sozialstörungen: 0,59
- Hyperaktivität: 0,56
-
Impulsivität: 0,56
- Metastudie an k = 11 Studien mit n = 713 Kindern:
-
Inhibition: 0,78
- Zweimal 60 Minuten oder länger offenes Training pro Woche zeigte die beste Wirkung Inhibition bei Kindern mit ADHS
- 0,62 Cochrane-Metaanalyse von k = 35 Studien mit n = 1.356 Probanden über die Wirkung von Sporttraining auf
- Depression
- Langzeitwirkung: 0,33
- 0,18 bei Begrenzung auf die Studien mit einer hohen Verblindung. Die vergleichenden Studien zur Effektstärke von Psychotherapie (k = 7 Studien, n = 189) oder zu Medikamenten (k = 4 Studien, n = 300) fanden jeweils eine identische SMD von Ausdauertraining.
- Metastudie von k = 23 Studien mit n = 535:
- Unaufmerksamkeit: 0,604 bis 0,715
- Hyperaktivität/Impulsivität: 0,676
- emotionale Probleme: 0,416
- Verhaltensauffälligkeiten: 0,347
- Metastudie von k = 15 RCT mit n = 734 Probanden:
- Unaufmerksamkeit: 0,60
- Exekutivfunktionen: 1,22
- motorische Fähigkeiten: 0,67
- Hyperaktivität: 0,06
- Depression: 0,72 (nicht statistisch signifikant)
- soziale Probleme: 0,27 (nicht statistisch signifikant)
- aggressives Verhalten: 0,24 (nicht statistisch signifikant).
- Metastudie von k = 15 Studien mit n = 664 Kindern und Jugendlichen mit ADHS im Alter zwischen 6 und 18 Jahren:
- Exekutivfunktionen: 0,61
-
Inhibition: 0,76
- kognitive Flexibilität 0,78.
- Metastudie von k = 24 mit n = 914 Kindern und Jugendlichen mit ADHS:
-
Inhibition: 0,50
- Arbeitsgedächtnis: 0,50
- kognitive Flexibilität: 0,45
- Metastudie von k = 10 RCT mit n = 474 Kindern im Alter von 6 bis 12:
- Aufmerksamkeit: 0,48
- die Effektstärke wurde durch Art, Häufigkeit und Dauer der körperlichen Aktivität moderiert, nicht durch das Umfeld der körperlichen Aktivität oder den Zeitpunkt der einzelnen Intervention.
- 0,29 (statistisch nicht signifikant) nach einer Metastudie von k = 31 RCTs (davon 5 in Bezug auf ADHS) mit n = 1.255 Kindern und Jugendlichen. Die Metastudie fand dagegen einen signifikante Wirkung bei ASS (0,50), Depression (0,68) und Adipositas (0,58) Das Ergebnis verwundert, da die einbezogenen Studien durchgehen signifikante Wirkungen beschreiben.
Übersichtsarbeiten
Eine Übersichtsarbeit analysierte 37 Metastudien mit 106 Studien und fand als Hedges g:
- Unaufmerksamkeit: 0,92
- Impulskontrolle: 0,82
- kognitive Flexibilität: 0,52
Die Beweise für die Wirksamkeit von Bewegung auf emotionale, soziale und Arbeitsgedächtnisleistungen waren schwach, und auf Hyperaktivität und Verhaltensfunktionen nicht signifikant.
Eine Metastudie von k = 44 Studien aus 1983 bis 2022 mit n = 1.757 Kindern und Jugendlichen fand im Vergleich zu kontrollierten Alternativen (z.B. Warteliste, keine Intervention, Video ansehen oder sitzende Aufmerksamkeitskontrolle) eine Verbesserung von:
- Exekutivfunktionen
- von 1,15 durch alle Arten von körperlicher Betätigung
- von 1,96 durch Aktivitäten mit offenen Fertigkeiten, die von den Teilnehmern verlangen, in einer sich dynamisch verändernden und von außen gesteuerten Umgebung zu reagieren
-
Inhibition
- von 1,94 durch Aktivitäten mit offenen Fertigkeiten
- Arbeitsgedächtnis
- von 1,21 durch Aktivitäten mit geschlossenen Fertigkeiten, die von aeroben Übungen dominiert werden
- kognitiver Flexibilität
- von 1,44 durch körperliche Mehrkomponentenübungen
- Hyperaktivität / Impulsivität
- von 1,60 durch Aktivitäten mit geschlossenen Fähigkeiten, die von Aerobic-Übungen dominiert werden
- Unaufmerksamkeit
- von 1,51 durch Aktivitäten mit geschlossenen Fähigkeiten, die von Aerobic-Übungen dominiert werden
Eine Metastudie von k = 22 RCTs an Kindern und Jugendlichen mit ADHS zeigte eine Effektstärke für:
- dauerhaften Sport
- 0,39 ADHS-Kernsymptome
- 0,32 Unaufmerksamkeit
- 0,68 Exekutivfunktionen
- geschlossene Übungen
1.1.2.2. Achtsamkeitsbasierte Verhaltenstherapie (MBCT)¶
ADHS-Betroffene, die zusätzlich mit MBCT (Mindfullness based cognitive therapy, eine achtsamkeitsbasierte Verhaltenstherapie) behandelt wurden, wiesen eine signifikant größere Verringerung der ADHS-Symptome auf [M-Differenz = -3,44 (-5,75, -1,11), p = 0,004, d = 0,41]. Dieser Effekt wurde bis zum 6-Monats-Follow-up beibehalten. Von den zusätzlich mit MBCT Behandelten zeigten 27 % eine Verringerung der ADHS-HI-Symptome um 30 % (p = 0,001), gegenüber lediglich 4 % der nicht zusätzlich mit MBCT behandelten ADHS-Betroffenen.
Die Wirkung blieb weitgehend auch nach Therapieende bestehen.
1.1.2.3. Kognitive Verhaltenstherapie: 0,5 (0,3 bis 0,85)¶
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT)
- Wirkung bleibt nach Therapieende weitgehend bestehen
- Dauer bis Wirkungseintritt sehr lange
Studien:
- CBT ohne gleichzeitige Medikation:
Metastudien:
- 0,70 nach einer Metauntersuchung von k = 3 Studien mit insgesamt n = 107 Probanden
- 0,79 im Vergleich zu Wartelisten in k = 4 Studien mit n = 160 Probanden
- 0,43 im Vergleich zu aktiven Kontrollgruppen (z.B. Psychoedukation, progressive Muskelentspannung, Ermutigung) in k = 3 Studien mit n = 191 Probanden
Eine Metastudie fand eine Wirkung von Verhaltenstherapie auf Unaufmerksamkeit bei Erwachsenen mit ADHS von:
- gegen Warteliste oder Therapie wie üblich
- im Fremdbeobachtungsrating
- 1,18 (0,44, 0,92, 0,95, 2,41; k = 4 Studien mit n = 124 Erwachsenen)
- im Selbstbewertungsrating
- 0,93 (0,18, 0,28, 0,68, 0,82, 0,92, 1,18, 1,22, 1,35, 1,71; k = 9 Studien mit n = 215 Erwachsenen)
- gegen aktive Kontrollen (Psychoedukation, Neurofeedback, Clinical management, Kognitives Training)
- im Fremdbeobachtungsrating
- unter 0,0 = leicht negative SMD = leichte Verschlechterung (k = 4 Studien mit n = 229 Erwachsenen, im Vergleich zu Psychoedukation, MPH oder Placebo)
- 0,5 bei k = 2 Studien mit zusammen n = 49 Erwachsenen, davon nur eine statistisch signifikant
- im Selbstbewertungsrating
- unter 0,0 = leicht negative SMD = leichte Verschlechterung (k = 8 Studien mit n = 298 Erwachsenen)
- 0,4 bei k = 3 Studien mit n = 91 Erwachsenen, davon nur 1 statistisch signifikant
Eine umfangreiche Metastudie von k = 190 Untersuchungen mit n = 26.114 Teilnehmern mit ADHS-HI fand, dass Stimulanzien wirksamer waren als Verhaltenstherapie, kognitives Training oder Nicht-Stimulanzien. Stimulanzien in Kombination mit Verhaltenstherapie schienen am wirksamsten zu sein. Siehe hierzu unten unter Wirkstärke nach OR.
Eine Metastudie an k = 17 RCTs mit n = 1.075 Teilnehmern fand eine Wirkung von kognitiven Interventionen von:
- 0,39 auf Aufmerksamkeitssymptome
- Arbeitsgedächtnistraining: keine signifikante Wirkung auf Aufmerksamkeitssymptome
- multiples kognitive Training: 0,51 auf Aufmerksamkeitssymptome
- 0,32 auf exekutives Funktionsverhalten
- Arbeitsgedächtnistraining: keine signifikante Wirkung auf exekutives Funktionsverhalten
- multiples kognitive Training: 0,5 auf exekutives Funktionsverhalten
- multiples kognitive Training: 0,31 auf Hyperaktivität/Impulsivität
Insgesamt hatte nur die Behandlungshäufigkeit einen signifikanten Einfluss auf die ADHS-Symptome und die exekutiven Verhaltensweisen.
1.1.2.4. Neurofeedback: 0,29 bis 1,2¶
Studien ohne Begrenzung auf verblindete Beobachtung:
- 0,49 bis 0,68 nach nur 30 Sitzungen
- 0,6
Metastudien
- 0,49 (Elternrating); k = 5, n = 246
- 0,35 ADHS-Gesamtsymptome Metastudie mit k = 13 Studien an n = 520 Probanden, unverblindet: Weitere Ergebnisse in Bezug auf einzelne Symptome:
- 0,36 Unaufmerksamkeit
- 0,26 Hyperaktivität/Impulsivität
Studien mit Begrenzung auf verblindete Beobachtung nach Sonuga-Barke et al (2013):
Metastudien:
- (auch) unverblindete Studien:
- 0,59
- 0,61 nach einer Metauntersuchung von k = 6 Studien mit insgesamt n = 203 Probanden Bedauerlicherweise erfolgte kein Vergleich zur Effektstärke von Medikation.
- Metastudien mit nur verblindeten Studien
- 0,30 (Lehrerrating, k = 5, n = 246)
- 0,29
- 0,30 Impulskontrolle (nicht statistisch signifikant; k = 13, n = 520)
- 0,13 Aufmerksamkeit (nicht statistisch signifikant; k = 13, n = 520)
Kinder und Jugendliche:
- 0,44 auf ADHS-Symptome (statistisch signifikant, Metastudie, n = 12, n = 945)
Nach Symptomen:
- auf Aufmerksamkeit: 0,8 bis 1,2
- 0,64 direkt nach der Behandlung im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen (MPH dagegen 1,08)
- 0,80 beim Follow-Up nach 2 bis 12 Monaten (MPH dagegen 1,06)
- 0,8
- 0,48 für Unaufmerksamkeit bei EEG-NF im Vergleich zur Warteliste/TAU (k = 5; n = 279)
- 0,46 (Elternrating); k = 5, n = 246
- nach 40 Sitzungen: 1,2
- auf Hyperaktivität/Impulsivität: 0,5 bis 0,61
- 0,50 direkt nach Behandlung im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen
- 0,61 beim Follow-Up nach 2 bis 12 Monaten
- 0,39 nach 20 Sitzungen; durch höhere Sitzungsanzahl nicht weiter verbesserbar
- 0,03 für Hyperaktivität/Impulsivität bei EEG-NF im Vergleich zur Warteliste/TAU (k = 5; n = 279)
- 0,34 (Elternrating); k = 5, n = 246
- auf Impulsivität: 0,68
- nach 20 Sitzungen: 0,7
- durch höhere Sitzungsanzahl nicht weiter verbesserbar
Im Vergleich:
- Neurofeedback ist nicht so effektiv wie MPH.
-
MPH zeigte in einer Studie eine Symptomverbesserung von 46,9 % (SMD 2,03), während Neurofeedback eine Symptomverbesserung von 26,7 % (SMD 0,89) bewirkte.
- Wirkung bleibt nach Therapieende meist vollständig bestehen
1.1.2.5. Elterntraining: 0,31 bis 0,68¶
Die Ergebnisse beziehen sich auf die Verbesserung des problematischen Verhaltens der Kinder durch ein Elterntraining.
Elterntrainings umfassen beispielsweise
- Erziehungs- und Verhaltensstrategieprogramme für Eltern von Vorschulkindern
- Psychoedukation für Familien
- New Forest Parenting Package für Eltern von Vorschulkindern
Metastudien:
- 0,86 für Elterntraining in der Gruppe
- 0,68 in Bezug auf ADHS (k = 11, n = 603 Kinder von 33 bis 144 Monaten)
- 0,61 in Bezug auf das ADHS von Vorschulkindern
- 0,42 bis 0,53
- 0,40 bei ADHS
- 0,31 in Bezug auf ADHS-Symptome der Kinder (k = 11 RCT, n = 1.078)
- 0,31, k = 4 Studien wobei allerdings zugleich Antidepressiva eine Effektstärke von 0,85, Stimulanzien eine Effektstärke von 0,35 und multimodaler Behandlung eine Effektstärke von 0,28 zugeschrieben wurde, was so weit von anderen Erkenntnissen abweicht, dass es Fragen hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten aufwirft.
Verbesserung bestimmter Symptome:
- externalisierendes Verhalten des Kindes (z.B. Regelverstöße, oppositionelles Verhalten oder Aggression):
- 0,36 bei externalisierenden Symptomen
- 0,32; statistisch nicht signifikant (k = 3, n = 190)
- internalisierendes Verhalten des Kindes (z.B. Rückzug oder Angst):
- 0,48, statistisch signifikant (k = 2, n = 142)
- 0,59 auf komorbide Verhaltensprobleme
- 0,93 auf das elterliche Selbstwertgefühl
1.1.2.6. Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) 0,54¶
Verbesserung der kognitiven Funktionen: 0,54 im Vergleich zu Kontrollen.
Eine Meta-Analyse von k = 6 RCT mit n = 169 Teilnehmern zeigte als Effektstärke für rTMS im Vergleich zu Scheinbehandlung: (bei allerdings fehlender statistischer Signifikanz für eine Überlegenheit der Behandlung des rechten PFC)
- auf ADHS-Gesamtsymptome
- 0,49 Behandlung rechter PFC
- 0,24 Gesamtgruppe (Behandlung linker oder rechter PFC)
- 0,01 Behandlung linker PFC
- auf Einzelsymptome
- 0,76 Unaufmerksamkeit
- 0,43 Impulsivität
- 0,0 Hyperaktivität
- 0,0 Depression
1.1.2.7. Kognitives Selbstregulationstraining 0,54¶
- außerschulisch 0,58, n = 5 Studien wobei allerdings zugleich Antidepressiva eine Effektstärke von 0,85, Stimulanzien eine Effektstärke von 0,35 und multimodaler Behandlung eine Effektstärke von 0,28 zugeschrieben wurde. Diese Zahlen decken sich in keiner Weise mit der klinischen Evidenz, was Fragen hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten aufwirft.
- schulisch 0,49, n = 2 Studien wobei allerdings zugleich Antidepressiva eine Effektstärke von 0,85, Stimulanzien eine Effektstärke von 0,35 und multimodaler Behandlung eine Effektstärke von 0,28 zugeschrieben wurde. Diese Zahlen decken sich in keiner Weise mit der klinischen Evidenz, was Fragen hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten aufwirft.
1.1.2.8. Verhaltenstraining 0,54¶
- außerschulisch 0,29, n = 1 Studie wobei allerdings zugleich Antidepressiva eine Effektstärke von 0,85, Stimulanzien eine Effektstärke von 0,35 und multimodaler Behandlung eine Effektstärke von 0,28 zugeschrieben wurde, was Fragen hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten aufwirft.
- schulisch 0,50, n = 3 Studien wobei allerdings zugleich Antidepressiva eine Effektstärke von 0,85, Stimulanzien eine Effektstärke von 0,35 und multimodaler Behandlung eine Effektstärke von 0,28 zugeschrieben wurde, was Fragen hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten aufwirft.
1.1.2.9. Nahrungsmitteldiäten: 0,51¶
Wirkung nur während fehlerfreier Diäteinhaltung.
Hohe Werte unter Testbedingungen erreichbar, wenn Nahrungsmittelunverträglichkeit vorliegt.
Eine Eliminationsdiät stellt in der Eliminationsphase sehr hohe Anforderungen an die Compliance und ist als Behandlungsform ein sehr schwerer Eingriff in die Lebensführung mit hohen Fehlermöglichkeiten im täglichen Leben. Für Kinder ist dies kaum umsetzbar und mit erheblichen sozialen Folgen behaftet.
Studien:
- Oligoantigene Diät:
- Vermeidung bekannter Antigene
- Eliminationsdiät
- Vermeidung von Nahrungsergänzungsmitteln / Farbstoffen: 0,2 (0,08 bis 0,44)
- 0,08 bis 0,11 (Lehrer und Beobachterrating)
- 0,12 bis 0,25
- 0,21 bis 0,283 (bei Hinzunahme auch kleiner, weniger hochwertiger Studien)
- 0,21 bis 0,44 im Elternrating
- 0,42 bei Verwertung nur verblindeter Studien; von 8 Studien zeigten 6 keine statistisch signifikanten Ergebnisse; 0,32 bei Einbeziehung aller Studien
Metaanalysen von Diätinterventionen:
- 0,51 bis 0,8
- 0,51 (0,2 bis 1,9) bei Verwertung nur der verblindeten Studien; 1,48 (0,2 bis 5,13) bei Einbeziehung aller Studien
Es gibt Hinweise, dass eine Eliminationsdiät nur bei bestimmten Betroffenen anschlägt (“Subgruppe”).
Das liegt unserer Auffassung nach in der Natur der Sache, da eine Elimination von Nahrungsmitteln nur dann eine Verbesserung bewirken kann, wenn eine Nahrungsmittelunverträglichkeit besteht. Diese sind jedoch höchst individuell.
1.1.2.10. Kognitives Training 0,22 bis 0,45¶
- 0,45 nach einer Metauntersuchung von k = 4 Studien mit n = 159 Probanden.
Eine Metastudie untersuchte die Effektstärke von kognitivem Training
- Behandlerberichte (unverblindet):
- 0,37 auf ADHS insgesamt
- 0,47 auf Unaufmerksamkeitssymptome
- 0,79 auf ADHS insgesamt durch Interventionen, die auf mehrere neuropsychologische Defizite abzielten
- (vermutlich) verblindete Berichte:
- 0,20 auf ADHS insgesamt
- 0,32 auf Unaufmerksamkeitssymptome
Kinder und Jugendliche:
- 0,37 auf ADHS-Symptome bei Kindern und Jugendlichen (Metastudie, k = 12, n = 655)
- 0,22 (Metastudie)
Ein Review fand eine begrenzte bis geringe Symptomverbesserung durch Computergestützes Kognitives Training (CCT):
* 0,12 auf die ADHS-Gesamtsymptome bei Begrenzung auf die “wahrscheinlich verblindeten” Ergebnisse (PBLIND; k = 14 Studien)
* 0,12 auf die Hyperaktivitäts-/Impulsivitätssymptome bei Begrenzung auf die “wahrscheinlich verblindeten” Ergebnisse (PBLIND; k = 14 Studien)
* 0,17 auf die Unaufmerksamkeitssymptome bei Begrenzung auf die “wahrscheinlich verblindeten” Ergebnisse (PBLIND; k = 14 Studien)
* 0,40 auf die Unaufmerksamkeitssymptome bei Bewertung unmittelbar nach dem Training (Hinweis auf Bewerter-Bias)
* 0,38 auf das Arbeitsgedächtnis verbal
* 0,49 auf das Arbeitsgedächtnis visuell-räumlich
* keine Verbesserung von Aufmerksamkeit, Inhibition, Lesen oder Rechnen*
Insgesamt fanden sich Verbesserungen:
- 0,52 verbales Arbeitsgedächtnis
- 0,3 Exekutivfunktionen im Elternrating
- Keine signifikanten Auswirkungen ergaben sich in Bezug auf
- Hyperaktivität/Impulsivität
- Schulleistungen
1.1.2.11. Psychologische Verhaltensinterventionen insgesamt: 0,35 für Kinder und Jugendliche¶
Eine Metastudie fand für die Gesamtheit von psychosozialen Verhaltensinterventionen, die sich an Kinden unr Jgendliche richteten, eine Effektstärke auf ADHS-Symptome von 0,35 (k = 14, n = 1.686). Bei einer Begrenzung auf RCT blieb der Wert bei 0,36. 8 der 6 Studien fanden keine statistisch signifikante Wirkung.
Die einbezogenen psychologischen Verhaltensinterventionen umfassten
- Kompetenztraining (z.B. Exekutivfunktionstraining, Hausaufgabentraining oder Traning organisatorischer Fähigkeiten)
- Training sozialer Fähigkeiten
- Exekutivfunktionstherapie für Vorschulkinder
- Fahrprogramm für junge Fahrer
- schlaffokussierte Intervention
- dialektische Verhaltenstherapie
- kognitive Verhaltenstherapie
- Aufmerksamkeitstraining
- komplexe Verhaltensmodifikationsintervention
- Verhaltensberatung mit schulischen und häuslichen Komponenten
- Eltern-Kind-Psychotherapie für Mütter und ihre Kinder mit ADHS
- Achtsamkeitstraining
- Musiktherapie
- spielerische Intervention
- hundegestützte Therapie
Mit einer Effektstärke von 0,007 (k = 3, n = 459) fand sich keine Verbessuenrg der schulischen Leistungen.
1.1.2.12. Sozialkompetenztraining / Social Skills Training 0,26 bis 0,31¶
Eine Cochrane-Metastudie fand in der Lehrerbewertung eine therapeutisch wenig hilfreiche Effektstärke von Social Skill Trainings für Kinder und Jugendliche von 5 bis 17 Jahren:
-
ADHS-Gesamtsymptome: 0,26 (k = 14 RCT mit n = 1379)
- 0,11 soziale Kompetenz (k = 11 RTC, n = 1.271)
- 0,02 emotionale Kompetenz (k = 2, n = 129)
- 0,06 allgemeines Verhalten (k = 8, n = 1.002)
Unter Social Skills Training wurde in dieser Metastudie einbezogen:
- Training sozialer Fertigkeiten
- kognitive Verhaltenstherapie
- multimodale verhaltenstherapeutische/psychosoziale Therapie
- Behandlung der Lebens- und Aufmerksamkeitsfertigkeiten von Kindern
- Training der Lebensfertigkeiten
- das “Programm für herausfordernde Horizonte”
- verbale Selbstinstruktion
- metakognitives Training (eine Variante kognitiver Verhaltenstherapie)
- Verhaltenstherapie
- Behandlung von Verhalten und sozialen Fertigkeiten
- psychosoziale Behandlung.
Skilltrainings umfassen u.a. auch Training von Führungsqualitäten, Hausaufgaben oder Training organisatorischer Fähigkeiten.
- Metastudie von k = 3 Studien
- 0,31; hier wurden allerdings zugleich Antidepressiva eine Effektstärke von 0,85, Stimulanzien eine Effektstärke von 0,35 und multimodaler Behandlung eine Effektstärke von 0,28 zugeschrieben, was Fragen hinsichtlich der Belastbarkeit der Daten aufwirft und überhöhte Effektstärkenergebnisse vermuten lässt
1.1.2.13. Probiotika: 0,25¶
Probiotika verbesserten bei ADHS im Vergleich zu Placebo:
0,25 ADHS-Gesamtsymptome
0,14 Unaufmerksamkeit
0,08 Hyperaktivität/Impulsivität
1.1.2.14. Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) 0,23¶
Für tDCS bei ADHS fand eine Übersichtsstudie an k = 102 Studien eine Effektstärke von 0,23.
1.1.2.15. Omega-3/-6 / PUFA-Supplementierung: 0,11 bis 0,17¶
Es gibt keinerlei Hinweis für eine Wirksamkeit von PUFAs (Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren) bei ADHS.
Selbst in Elternratings, die aufgrund der Kenntnis der Gabe einem Bias unterliegen, lag die Wirkungen unterhalb des für eine Behandlung sinnvollen Mindestwertes von 0,2.
Metastudien:
- 0,16 bis 0,17 im Eltern- und Lehrerrating
- minus 0,08 im Elternrating Metaanalyse von k = 16 Studien mit n = 1.116 Teilnehmern. Dabei war die Wirkung auf Hyperaktivität/Impulsivität (0,08) geringfügig besser als die auf Unaufmerkamkeit (minus 0,01).
- 0,16 auf ADHS-Kernsymptome Metaanalyse mit k = 22 Studien und n = 1.789 Teilnehmern durch Omega-3-Fettsäuren
- 0,35 bei einer Begrenzung auf Studien mit einer Dauer von mindestens 4 Monatenim Vergleich zu Placebo. Weder eine hohe Dosierung von EPA noch ein hohes EPA/DHA-Verhältnis verbesserte die ADHS-Symptome.
- 0,06 bis 0,17 auf ADHS-Symptome, Metastudie von k = 31 Studien mit n = 1.755 Patienten:
-
ADHS-Kernsymptome
- 0,17 im Elternrating (k = 23)
- 0,06 im Lehrerrating (k = 10)
- Verhaltensschwierigkeiten
- 0,02 im Elternrating (k = 7)
- 0,04 im Lehrerrating (k = 5)
- Lebensqualität: keine relevante Wirkung (SMD = 0,01)
- 0,11 auf ADHS-Symptome. Metastudie von k = 7 Studien mit n = 719 Kindern und Jugendlichen
1.1.2.16. Zink¶
Eine Metastudie an k = 6 RCTs mit n = 489 Kindern fand eine Effektstärke auf:
- 0,62 ADHS-Kernsymptome
- 0,93 Hyperaktivität (nicht statistisch signifikant)
- 0,21 Unaufmerksamkeit (nicht statistisch signifikant)
Eine Einzelstudie (Bilici, 2004) berichtet eine Effektstärke von 1,61 bei Kindern und Jugendlichen. Derartige Werte decken sich jedoch leider in keiner Weise mit der empirischen Erfahrung.
1.1.2.17. Acetyl-L-Carnitin¶
Hierzu fand eine Metastudie zwei Studien, wobei die eine eine Verschlechterung um 0,06 und die andere eine Verbesserung um 0,21 bei Kindern und Jugendlichen ermittelt hatte.
Insgesamt ist keine Wirkung auf ADHS-Symptome feststellbar.
1.1.2.18. Phosphatdilyserin¶
Zur Wirkung von Phosphatdilyserin auf ADHS findet sich nur eine einzige Studie, die eine Effektstärke von 0,85 bei Kindern und Jugendlichen auf ADHS-Symptome ermittelte.
1.1.2.19. Eisen¶
Hierzu fand eine Studie eine Effektstärke von 0,15 bei Kindern und Jugendlichen auf ADHS-Symptome.
1.1.2.20. Johanniskraut¶
Hierzu fand eine einzelne Studie eine Verschlechterung um 0,22 bei Kindern und Jugendlichen auf ADHS-Symptome.
1.1.2.21. Safran¶
Hierzu fand eine einzelne Studie eine Effektstärke von 0,97 bei Kindern und Jugendlichen auf ADHS-Symptome.
Eine weitere Studie (Baziar 2019) berichtete, dass Safran ähnlich wirkstark sei wie Methylphenidat.
1.1.2.22. Weizenprotein¶
Hierzu fand eine einzelne Studie eine Effektstärke von 1,07 bei Kindern und Jugendlichen auf ADHS-Symptome.
1.1.2.23. Antioxidantien¶
Hierzu fand eine Metastudie zwei Studien, wobei die eine eine Verschlechterung um 0,14 und die andere eine Verbesserung um 0,38 bei Kindern und Jugendlichen ermittelt hatte.
Insgesamt ist keine Wirkung auf ADHS-Symptome feststellbar.
1.1.2.24. Lehrertraining¶
Eine Metastudie von k = 22 Studien fand für ein Lehrertraining:
- 0,71 bis 0,78 Verhaltensverbesserung der ADHS-betroffenen Kinder als Folge des angepassten Lehrer-Verhaltens
Daneben zeigte sich eine starke Verbesserung des Wissens der geschulten Lehrer über ADHS unmittelbar nach dem Training (1,96), das sich allerdings binnen 3 Monaten wieder um 1,21 verringerte.
1.1.2.25. Virtual-Reality-Interventionen¶
Eine Meta-Analyse von k = 4 Studien mit n = 125 ADHS-Betroffenen fand für Virtual-Reality-basierte Interventionen eine Effektstärke von
- 1,38 auf Omission-Fehler (Auslassungsfehler)
- 1,50 auf korrekte Antworten
- 1,07 auf Wahrnehmungssensibilität
- 0,62 auf Commission-Fehler
- 0,67 auf Reaktionszeit
- keine Wirkung auf Impulsivität
1.1.2.26. Online-Interventionen¶
Eine Metastudie von k = 6 RCTs mit n = 261 Probanden fand eine Effektstärke von Online-Interventionen bei der Verbesserung des Aufmerksamkeitsdefizits und der sozialen Funktion von Erwachsenen und Kindern mit ADHS im Vergleich zur Warteliste von 0,59.
1.1.2.27. Arbeitsgedächtnistraining¶
Eine Metaanalyse an k = 12 Studien fand eine Wirksamkeit von Arbeitsgedächtnistraining bei Kindern und Erwachsenen mit und ohne ADHS:
- 0,37 auf Unaufmerksamkeit im Alltag
- 0,62 auf visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnis-Aufgaben
- 0,41 auf verbale Arbeitsgedächtnis-Aufgaben
1.1.2.28. Digitale Therapiespiele¶
Eine Metastudie an k = 20 Studien fand eine Effektstärke von digitalen Therapiespielen bei ADHS auf:
- Unaufmerksamkeit
- 0,21 im Lehrerrating
- 0,28 im Elternrating
- Hyperaktivität/Impulsivität
- minus 0,01 im Lehrerrating
- 0,16 im Elternrating
Die Studienergebnisse waren ganz überwiegend statistisch nicht signifikant.
1.1.2.29. Schulische Interventionen¶
- 0,50 auf ADHS-Symptome; statistisch nicht signifikant; Metastudie von k = 5 Studien mit n = 822 Kindern und Jugendlichen
- 0,36 (statistisch nicht signifikant) Metastudie an k = 39 Studien zu schulischen Interventionen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen
1.2. Vergleich nach Risikoverringerung¶
Bei einem Vergleich nach Risikoverringerung repräsentiert ein niedrigeres Hazard Risiko eine Verbesserung.
1.2.1. Risikoverringerung psychiatrischer Hospitalisierung¶
Einfluss auf das Risiko einer psychiatrischen Hospitalisierung:
- Amphetamin (bereinigtes Hazard Ratio, aHR: 0,74 = Reduzierung um 26 %)
- Lisdexamfetamin (aHR: 0.80 = Reduzierung um 20 %)
-
ADHS-Medikamentenpolytherapie (aHR: 0,85 = Reduzierung um 15 %)
- Dexamphetamin (aHR:0,88 = Reduzierung um 12 %)
- Methylphenidat (aHR: 0,93 = Reduzierung um 7 %)
- Modafinil: unverändert
- Atomoxetin: unverändert
- Clonidin: unverändert
- Guanfacin: unverändert
1.2.2. Risikoverringerung nichtpsychiatrischer Hospitalisierung¶
Einfluss auf das Risiko einer nichtpsychiatrischen Hospitalisierung:
Amphetamin, Lisdexamfetamin, Polytherapie (Kombinationsmedikation), Dexamphetamin, Methylphenidat und Atomoxetin verringerten das Risiko für nichtpsychiatrische Krankenhausaufenthalte.
1.2.3. Risikoverringerung suizidalen Verhaltens¶
Einfluss auf das Risiko eines suizidalen Verhaltens:
- Dexamphetamin (aHR: 0,69)
- Lisdexamfetamin (aHR: 0,76)
- Methylphenidat (aHR: 0,92)
1.2.4. Risikoverringerung von Arbeitsunfähigkeit¶
Einfluss auf das Risiko der Arbeitsunfähigkeit:
- Atomoxetin (aHR: 0,89)
- insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 16 bis 29 Jahren (aHR: 0,82)
Alle anderen untersuchten ADHS-Medikamente: nicht signifikant.
1.3. Vergleich nach Odds Ratio (OR)¶
Übersicht nach Catalá-López et al (2017). Die Daten vergleichen die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs im Vergleich zu Placebo. OR = 1 wäre äquivalent zu Placebo, ein OR höher als 1 bevorzugt die Behandlungsmethode.
Placebo: 1 (Vergleichswert)
1.3.1. Medikamentöse Interventionen¶
Vergleich nach Odds Ratio (OR)
-
Stimulanzien gesamt: 6,21
- Amphetaminmedikamente: 7,45
- Methylphenidat: 5,26
-
Nicht-Stimulanzien gesamt: 3,95
- Modafinil: 5,51
- Atomoxetin: 3,63
- Guanfacin: 3,29
- Clonidin: 3,96
- Bupropion: 2,41
- Venlafaxin: 4,07
- Reboxetin: 3,58
- Antipsychotika: 1,36
- Thioridazin: 1,04
- Carbamazepin: 0,18
1.3.2. Mineralstoffe / Vitamine / Aminosäuren / pflanzliche Mittel¶
Vergleich nach Odds Ratio (OR)
- Zink: 2.42
- Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (oder PUFAs): 2,14
- Omega-3- und -3/6-Fettsäuren: 1,99
- L-Carnitin: 1,20
- Aminosäuren: 1,19
- Johanniskraut (Hypericum perforatum): 1,00 (0,23-4,26)
- Ginkgo biloba: 0,21
1.3.3. Nichtmedikamentöse Interventionen¶
Vergleich nach Odds Ratio (OR)
- Verhaltenstherapie: 2,97
- Neurofeedback: 1,96
- Elterntraining: 1,19
- Kinder-, Eltern- und/oder Lehrertraining: 2,73
- Kognitives Training: 0,70
- Arbeitsgedächtnistraining: 0,34
1.4. Multimodale Therapie¶
Einzelstudien
In der “Multimodal Treatment Study of Children with ADHS” (MTA-Studie) Ende der 90er-Jahre wurden 579 Kinder von 7 bis 10 Jahren 14 Monate lang mit Medikamenten, Verhaltensinterventionen oder beidem behandelt. Die MTA-Studie beinhaltete ausschließlich Gruppeninterventionen (Elterngruppentraining, Kindersommercamp und Schulunterstützung) und keine individuelle Verhaltenstherapie.
Lehrer und Eltern beurteilten den Symptomrückgang hinsichtlich der Kernsymptome von ADHS bei den nur medikamentös behandelten Kindern besser als bei nur mit Eltern- und Verhaltenstraining behandelten Kindern. Die Kinder, die Medikamente und Eltern- und Verhaltenstraining erhielten, schnitten noch ein klein wenig besser ab als die nur mit Medikamenten behandelten Kinder, bei allerdings verringerter benötigter Medikation. Wenn nicht nur die Kernsymptome, sondern sämtliche Symptome betrachtet wurden, schnitten die mit Medikamenten und Eltern- und Verhaltenstraining behandelten Kinder deutlich am besten ab. Die Wirkung von Eltern- und Verhaltenstraining allein war dagegen geringer als die alleinige Behandlung mit Medikamenten.
Metastudien
- Eine umfassende Metastudie zur multimodalen Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS fand für die zusätzliche psychologische Behandlung eine Effektstärke von
- 0,36 auf ADHS Symptomatik im Vergleich zur Medikation alleine (k = 7, n = 841, statistisch knapp nicht signifikant, geringes Bias-Risiko)
- Die größte Effektstärke zeigten ein Kurs für Verhaltensweisen und soziale Fähigkeiten (Social skills) für Kinder und ihre Eltern sowie kognitive Verhaltenstherapie für Jugendliche
- 0,42 auf breitbandige Symptomatik im Vergleich zur Medikation alleine (k = 3, n = 171, statistisch nicht signifikant, hohes Bias-Risiko)
- Beurteilt wurden Multimodale psychosoziale Behandlung plus MPH gegen MPH alleine, Kognitive Gruppen-Verhaltenstherapie plus MPH gegen MPH und individuelle kognitive Verhaltenstherapie plus FDA-zugelassene Medikamente gegen diese Medikamente alleine.
- Eine andere Metastudie fand
- 0,1 für Eltern- und Verhaltenstraining alleine gegen keine Behandlung
- minus 0,4 wenn nur die verblindeten Bewerter herangezogen wurden, also eine Verschlechterung im Vergleich zu keinem Eltern- und Verhaltenstraining.
2. Wirksamkeitslatenz der Behandlungsformen¶
Mit Wirksamkeitslatenz meinen wir, wie lange es dauert, bis eine Behandlung eine Wirkung erbringt.
- Medikamente
- Stimulanzien: sofort wirkend, bei optimaler Einstellung sofort voll wirksam
- Noradrenalinwiederaufnahmehemmer: 2-3 Wochen Anflutungsphase
- Atomoxetin: mehrere Wochen bis 6 Monate Anflutungsphase
- Therapie
- Verhaltenstherapie: mehrere Monate für erste Schritte, 3 Jahre für adäquate Behandlungswirkung
- Neurofeedback: mehrere Monate für erste Schritte, 6 bis 15 Monate für adäquate Behandlungswirkung
3. Wirksamkeitsgegenstand der Behandlungsformen¶
Mit Wirksamkeitsgegenstand meinen wir, welche Symptome die einzelnen Behandlungsformen verändern.
3.1. Medikamente¶
- Stimulanzien:
- Aufmerksamkeit
- Hyperaktivität
-
Impulsivität (MPH mehr als Amphetaminmedikamente)
- innerer Druck
- emotionale Dysregulation
- Stimmungsschwankungen / Affektstabilität
- Aggression/Ängstlichkeit
-
Dysphorie (vorwiegend Amphetaminmedikamente, MPH dagegen weniger)
- Nichtstimulanzien:
-
Impulsivität
z.B. geringe Dosen an SSRI
- emotionale Regulation
- Aufmerksamkeit
- Noradrenalinwiederaufnahmehemmer:
-
Impulsivität
- Depression
- Stimmungsschwankungen / Affektstabilität
- Hyperaktivität
3.2. Psychotherapie¶
- Verhaltenstherapie:
- kognitive VT:
Selbstwert, Sozialverhalten, Stressreduktion
In gewissem Maße auch Veränderung der Stressverarbeitung samt hormoneller und immunologischer körperlicher Veränderung
- achtsamkeitsbasierte VT:
Aufmerksamkeit, Empathie, Stressreduktion
- Achtsamkeitstraining:
Veränderung der Stresswahrnehmung; Veränderung der Stressverarbeitung im ZNS, Impulsivität
Eine verbesserte Wahrnehmung angenehmer Aspekte bewirkt unmittelbare Veränderungen am dopaminergen Fokussierungs- und Verstärkungssystem. Gleiches bewirken Wahrnehmungen zur Beschaffenheit der räumlichen Umgebung eines Individuums und (dauerhaft) ein hoher sozialer Rang.
Ob diese Veränderungen jedoch (mit Ausnahme des sozialen Rangs) dauerhaften Einfluss haben, was für einen therapeutischen Einsatz Voraussetzung ist, oder jeweils nur eine Aktivierung während der Wahrnehmung erfolgt, ist ungeklärt.
- Neurofeedback:
Aufmerksamkeit; Impulsivität; Hyperaktivität, Entspannung, Schlaf
- Umfeldinterventionen:
Wegfall von Stressoren durch Eliminierung von Stressoren und größeres Verständnis des Umfelds
- Psychoedukation:
Wegfall von Stressoren und bessere Regulationsfähigkeit durch größeres Verständnis des Betroffenen
Selbstwertsteigerung durch das Gefühl, nach Hause zu kommen, bei Begegnung und Austausch mit anderen Betroffenen
4. Wirksamkeitsdauer der Behandlungsformen¶
4.1. Frühzeitige Medikation¶
Es gibt einen Hinweis, dass eine Methylphenidatbehandlung mit 2 mg / kg / Tag bei sehr jungen Ratten eine dauerhafte Verringerung der Dopamintransporter im Striatum verursachte (was einer dauerhafte Heilungswirkung entspräche), während eine Methylphenidatgabe bei etwas älteren Tieren (“nach der Pubertät”) dies nicht mehr bewirkte. Diese Ergebnisse konnten bislang nicht reproduziert werden.
Bei der Behandlung von Menschen ist auch bei Kindern vor der Pubertät mit MPH keine dauerhafte Verringerung der DAT im Striatum bekannt.
Trotz der immensen Bedeutung dieser Frage sind keine weiteren Untersuchungen hierzu bekannt, die die Ergebnisse bestätigen. Bei einer Dosierung von zweimal 5 mg / kg / Tag bei Ratten ab dem 7. Tag bis zum 35. Tag nach der Geburt wurden zwar kurzfristige Verringerungen der DAT-Anzahl festgestellt, die sich jedoch am 135. Lebenstag nicht mehr fanden.
Strukturelle Änderungen der Hirnstrukturen fanden sich weder unmittelbar nach Behandlungsende am 35. Tag, noch am 135. Tag. In Anbetracht der extremen Dosierung belegt dies zudem eine geringe Gefährlichkeit von MPH.
4.2. Kurzfristige Medikation¶
Die Verbesserungen bei medikamentöser Behandlung endet (jedenfalls bei Stimulanzien) unmittelbar mit Beendigung der Medikamentengabe, bei anderen Medikamenten mit Spiegelwirkung spätestens nach ca. 14 Tagen.
Die Lerneffekte bei Neurofeedback und Verhaltenstherapie sind unter Medikamentengabe besser.
Die Wirksamkeit von nichtmedikamentöser Therapie ist lang anhaltend; erforderlich ist jedoch eine ausreichend lange und intensive Therapie (6 Monate bis 3 Jahre).
Bei Neurofeedback wurde noch 6 Monate nach Behandlungsende ein Fortbestehen der Behandlungserfolge festgestellt Kühle beobachtete, dass Behandlungserfolge in manchen Fällen noch Jahre später fortbestehen, in anderen nicht.
4.3. Langfristige Medikation¶
Es gibt Hinweise, dass eine längerfristige Medikation eine Nachreifung derjenigen Gehirnstrukturen bewirken könnte, die bei ADHS von einer Entwicklungsverzögerung betroffen sind.
Bei ADHS sind die dysfunktionalen exekutiven Funktionen mit einer verringerten Menge an Hirnsubstanz im Cortex assoziiert. Bei Kindern mit ADHS ist das Wachstum der Hirnsubstanz im Cortex signifikant verringert, wobei die größten Verzögerungen im PFC und im ACC bestehen.
Erwachsene ADHS-Betroffene, die mit Stimulanzien behandelt werden, haben eine deutlich größere Gehirnmasse in den relevanten Hirnregionen als Erwachsene ADHS-Betroffene, die nicht mit Stimulanzien behandelt wurden. Dies könnte darauf hindeuten, dass eine Behandlung mit Stimulanzien die Entwicklungsverzögerung aufholen bzw. ausgleichen kann.
Bei ADHS-Betroffenen, die auch als Erwachsene noch die vollen ADHS-Symptome zeigten, war keine Nachreifung (i.S.v. Anwachsen) der Hirnmasse in den relevanten Hirnregionen erkennbar.
4.4. Multimodale Behandlung: nichtmedikamentöse Therapie und Medikation¶
Es gibt Hinweise darauf, dass dopaminerge ADHS-Medikamente – in der Untersuchung insbesondere D-Amphetamin-Medikamente (das ebenfalls genannte Levodopa ist als ADHS-Medikament nicht geeignet) – die Neuroplastizität erhöhen und damit die Erfolge einer Psychotherapie erhöhen können.
Nach unserer Überzeugung sind psychotherapeutische Maßnahmen bei ADHS-Betroffenen, die nicht medikamentiert sind, deutlich weniger wirksam, da die Lern- und Aufnahmefähigkeit durch ADHS selbst massiv herabgesetzt ist. Da ADHS-Medikamente die beeinträchtigte Neuroplastizität bei ADHS verbessern und damit oft genug überhaupt erst eine Lernfähigkeit herstellen, ist unseres Erachtens eine vorausgehende medikamentöse Einstellung für eine erfolgreiche Psychotherapie klar zu empfehlen.
Abgesehen davon macht eine Psychotherapie unseres Erachtens wenig Sinn, wenn der Patient gar nicht weiß, wie sich der Zustand anfühlt, den er durch die Therapie erreichen soll. Dieses Gefühl kann dem Betroffenen erst eine längere Zeit (ab 1 Jahr) einer sauber eingestellten Medikation vermitteln.
Dies gilt bei ADHS-Betroffenen ganz besonders, da bei ADHS die Motivation in Richtung einer deutlich erhöhten intrinsischen Steuerung verändert ist. ADHS beinhaltet ja gerade, dass eine Befolgung extrinsischer Aufforderungen massiv erschwert ist.
5. Verträglichkeit¶
Ein höheres Odds Ratio (OR) bedeutet eine schlechtere Verträglichkeit als Placebo.
- Amphetaminmedikamente
- bei Kindern (OR: 2,30)
- bei Erwachsenen (OR: 3,26)
- Atomoxetin (OR: 2,33)
- Methylphenidat (OR: 2,39)
- Guanfacin bei Kindern und Erwachsenen (OR: 2,64)
- Modafinil (OR: 4,01)
6. Vergleichswerte: Effektstärke bei anderen Störungsbildern¶
6.1. Effektstärke von Medikamenten bei Depression: 0,30¶
Effektstärke von Antidepressiva (SMD):
Amitriptylin: 0,48
Duloxetin: 0,37
Mirtazapin: 0,37
Venlafaxin: 0,33
Clomipramin: 0,33
Paroxetin: 0,32
Milnacipran: 0,30
Escitalopram: 0,29
Sertralin: 0,27
Vortioxetin: 0,28
Agomelatin: 0,26
Bupropion: 0,25
Citalopram: 0,24
Fluoxetin: 0,23
Der Durchschnitt der genannten Antidepressiva liegt damit bei 0,30.
Elektrokrampftherapie zeigte eine Effektstärke auf Depression von 0,69 im Vergleich zu Ketamin.
6.2. Effektstärke von Psychotherapie bei Depression 0,22¶
Effektstärke in SMD.
NNT: Number needed to treat. Bei 100 %-igem Behandlungserfolg wäre NNT = 1. Je höher NNT ist, desto schlechter ist die Wirkstärke.
Effektstärke von Psychotherapie bei Depression:
- Verhaltensaktivierung: 0,82 (NNT = 2; 11 Studien)
- Achtsamkeitsbasierter kognitive Verhaltenstherapie (MBCT): 0,73 (NNT = 3; 6 Studien)
- Kognitive Verhaltenstherapie: 0,71 (NNT = 3; 159 Studien) bis 0,79 (409 Studien)
- Interpersonelle Psychotherapie: 0,67 (NNT = 3; 22 Studien)
- Problem-Solving-Therapie: 0,48 (NNT = 4; 21 Studien)
- Supportive Therapie: 0,52 (NNT = 4; 17 Studien)
- Psychodynamische Therapie: 0,44 (NNT = 4; 8 Studien)
Die Studien unterliegen einem starken Bias. Am Beispiel kognitive Verhaltenstherapie:
Bei Berücksichtigung nur der qualitativ hochwertigeren Studien sank die Effektstärke um 0,2.
Bei Ausschluss aller Studien, die mit Warteliste verglichen, sank die Effektstärke um 0,17.
Bei Ausschluss aller Studien mit hohem Bias-Risiko sank die Effektstärke um 0,32 auf 0,39 (NNT = 5; 34 Studien)
Wurde auch der Publication Bias berücksichtigt, sank die Effektstärke auf 0,34 (NNT = 5; 38 Studien)
Werden nur die Studien berücksichtigt, die alle grundlegenden Qualitätskriterien erfüllen, verbleibt eine Effektgröße von lediglich 0,22 (anstatt 0,74).
6.3. Effektstärke von Medikamenten bei ASS¶
ASS insgesamt verbesserte sich laut einer Metastudie durch
- Methylphenidat: 0,53 im Lehrerrating (k = 2, n = 36)
Eine Metastudie untersuchte k = 125 RCTs mit n = 7.450 Kindern/Jugendlichen und k = 18 RCTs mit n = 1.104 Erwachsenen im Vergleich zu Placebo:
Sozialkommunikationsprobleme:
- Kinder und Jugendliche
- 0,27 Aripiprazol (k = 6)
- 0,51 Methylphenidat (k = 3, n = 63)
Repetitives Verhalten:
- Kinder und Jugendliche
- 0,60 Risperidon (k = 6)
- 0.49 Atomoxeton (k = 3)
- 0,35 Bumetanid (k = 4)
- 0,34 Methylphenidat (k = 3, n = 69)
- Erwachsene
- 1,2 Fluoxetin (k = 1)
- 1.0 Fluvoxamin (k = 1)
- 0,97 Risperidon (k = 1)
- 0,41 Oxytocin (k = 6)
Reizbarkeit:
- 0,90 Atypische Antipsychotika im Vergleich zu Placebo; k = 12, n = 973
- 0,18 Neurohormone im Vergleich zu Placebo; k = 8, n = 466 Teilnehmer
- 0,20 ADHS-Medikamente im Vergleich zu Placebo; k = 10 Studien, n = 400 Teilnehmer
- 0,06 Antidepressiva im Vergleich zu Placebo; k = 3 Studien, n = 267 Teilnehmer
Aggression:
- 0,44 Atypische Antipsychotika im Vergleich zu Placebo; k = 1, n = 77
Selbstverletzungen reduzieren:
- 1,43 Atypische Antipsychotika im Vergleich zu Placebo; k = 1, n = 30
- 0,62 ADHS-Medikamente im Vergleich zu Placebo; k = 1 Studien, n = 16 Teilnehmer
ADHS-Symptome bei Kindern und Jugendlichen mit ASS:
- Methylphenidat
- Hyperaktivität
- 0,63 (Elternbewertung) bis 0,81 (Lehrerbewertung)
- 0,78 (Lehrerbewertung)
- Unaufmerksamkeit 0,36 (Elternbewertung) bis 0,30 (Lehrerbewertung)
- Atomoxetin
- Hyperaktivität 0,49 (Elternbewertung) bis 0,43 (Lehrerbewertung)
- Unaufmerksamkeit 0,54 (Elternbewertung) bis 0,38 (Lehrerbewertung)
6.4. NNT bei anderen Störungsbildern¶
Number needed to treat bei verschiedenen Störungsbildern:
- Schizophrenie Response
- Schizophrenie Relapse Prävention
- Depression – Response
- Depression – Relapse Prävention
- Depression - Remission
- Kognitive Verhaltenstherapie vs. Medikamente: NNT = 34
- Alkohol – Rückfall
- Acamprosat: NNT = 10
- Naltrexon: NNT = 50