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Die nachfolgend aufgelisteten Symptomkataloge sind alternative Klassifikationen von AD(H)S. Sie dürfen nicht schematisch angewendet werden, was sich bereits aus der Tatsache ergibt, dass mehrere alternative Symptomlisten bestehen.
Es handelt sich nicht um Behandlungsleitfäden.
Das DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) ist ein seit 1952 herausgegebener Katalog der American Psychiatric Association (APA), der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft. Die 5. Ausgabe, DSM 5, erschien im Mai 2013.1
ICD ist der Katalog der World Health Organisation (WHO), der internationalen Gesundheitsorganisation. Aktuell ist ICD 10. ICD 11 ist in Vorbereitung.
Der DSM IV nahm dabei die Katalognummern des ICD 9 zu psychiatrischen Krankheiten auf und ist insoweit ein eigener Teil des ICD. DSM und ICD entstanden aus dem Bedürfnis, statistisch zu erfassen, welche Krankheiten wie häufig auftreten.
DSM und ICD sind daher nicht wirklich Instrumente zur Diagnose von Krankheiten, sondern dienen mehr der statistischen Erfassung und Einordnung von Diagnosen. Insbesondere gegenüber Krankenkassen sind derartige statistische Einordnungen von hoher Bedeutung. In Bezug auf die medizinische Diagnose aus dem Blickwinkel einer optimalen Behandlung darf ihnen dagegen nicht die gleiche Bedeutung zugemessen werden.
ACHTUNG: DSM und ICD benennen lediglich die diagnoserelevanten Symptome. Neben den diagnoserelevanten Symptomen gibt es noch weitere Symptome, die häufig originär aus einer Störung (hier: aus aus AD(H)S) resultieren, die aber auch aus anderen Störungsbildern entstehen können, weshalb sie nicht diagnoserelevant sind.
Die Gesamtheit aller Symptome ist behandlungsrelevant. Bei der Behandlung allein auf die Symptome von DSM oder ICD abzustellen wäre daher ein ärztlicher bzw. therapeutischer Fehler.
⇒ Symptomgesamtliste nach Erscheinungsformen
Während DSM-IV AD(H)S noch in die Gruppe der Verhaltensstörungen einordnete, hat DSM-V AD(H)S der Gruppe der Neurologischen Entwicklungsstörungen (Neurodevelopmental Disorders) zugeordnet.
Unaufmerksamkeit
Hyperaktivität/Impulsivität
Eine AD(H)S-Diagnose ist nur dann möglich, wenn alle allgemeinen und speziellen Beobachtungen vorliegen:
Notwendige allgemeine Beobachtungen
Notwendige spezielle Beobachtungen
Stimmungsstabilität und emotionale Fehlregulierung werden von DSM 5 als assoziierte Merkmale betrachtet, die die Diagnose unterstützen.2
Anmerkungen:
Der aktualisierte europäische Konsens zur Behandlung und Diagnose von AD(H)S von 2018 weist darauf hin, dass inzwischen zwingende Beweise vorliegen, wonach ein cut-off von 4 Symptomen bei Erwachsenen für eine korrekte AD(H)S-Diagnose richtiger wäre.234
Unaufmerksamkeit
Hyperaktivität
Impulsivität
Nach diesseitiger Auffassung ist eine Unterscheidung nach Subtypen für die Diagnose und das Verständnis von AD(H)S essentiell; für die Behandlung sind die Unterschiede dagegen zumindest derzeit noch nicht durchgreifend. Wir betrachten die Subtypen mit Hyperaktivität/Impulsivität (ADHS-HI, ADHS-C) und Träumerle, überwiegend unaufmerksam (ADHS-I) als unterschiedliche Symptomatik ein und der selben zu Grunde liegenden Störung, je nach der individueller Stressphänotypik (der Art, wie Stress sich manifestiert) der Betroffenen.
SCT, Sluggish Cognitive Tempo wird heute als eigenständiges Störungsbild begriffen, auch wenn dieses eine sehr hohe Überdeckung mit AD(H)S aufweist.
Da sich Aufmerksamkeitssymptome beim Menschen entwicklungsbedingt frühestens im Alter von 6 bis 7 Jahren und spätestens im Alter von 14 bis 15 Jahren feststellen lassen, ist ADHS-C (Hyperaktivität/Impulsivität + Aufmerksamkeitsprobleme) häufig lediglich die alters- und entwicklungsbedingte Folgestufe des ADHS-HI-Subtyps (reine Hyperaktivität).
⇒ Die Subtypen von AD(H)S: ADHS-HI, ADHS-I, SCT und andere
ICD 11 wird für den 1.1.2022 erwartet.
Aufmerksamkeitsstörung
Über mindestens 6 Monate treten mindestens 6 der genannten 9 Symptome auf.
Überaktivität
Über mindestens 6 Monate treten mindestens 3 der genannten 5 Symptome auf
ICD 11 ist bislang nicht verabschiedet. Die Entwurfsfassung der ICD 11 in Bezug auf AD(H)S übernimmt nun die Subtypen des überwiegend Hyperaktiv/Impulsiven Typs, des überweigend unaufmerksamen Typs und des Mischtyps.
Wender-Utah ist ein spezieller Symptomkatalog zu AD(H)S im Erwachsenenalter
Für eine Diagnose im Erwachsenenalter müssen die Symptome Aufmerksamkeitsstörung und motorische Hyperaktivität sowie zwei weitere der insgesamt 7 Symptomgruppen gegeben sein.5
Aufmerksamkeitsstörung
Motorische Hyperaktivität
Affektlabilität
Desorganisiertes Verhalten
Affektkontrolle
Impulsivität
Emotionale Überreagibilität
Die Autoren des Buches “Zwanghaft zerstreut”, Edward M. Hallowell und John Ratey, haben die nachfolgenden Merkmale zur Erkennung von AD(H)S bei Erwachsenen vorgeschlagen. Die Merkmale werden dort anhand von Beispielen plastisch erläutert.6
Grundvoraussetzung ist, dass die Symptome bereits seit der Kindheit auftreten und dass andere organische oder psychische Störungen nicht besser geeignet sind, die Symptome zu erklären.
Häufig kreativ, intuitiv, intelligent (kein Symptom, aber oft typisch).
Häufig ist von einer Diagnose nach DSM IV, DSM 5 oder IDC 10 / ICD 11 die Rede.
Diese Bezeichnung führt ein Stück weit in die Irre. DSM und ICD sind mindestens ebensosehr Statistikkataloge wie Diagnosemanuale. Keinesfalls sind sie bindende oder allein gültige Diagnosemaßstäbe, auch wenn sie häufig als solche missverstanden werden.
DSM und ICD nennen ausschließlich diejenigen Symptome von AD(H)S, die besonders gut geeignet sind, um AD(H)S von anderen Störungsbildern und von Nichtbetroffenen zu unterscheiden.
Für die Behandlung un Therapie von AD(H)S ist es unerlässlich, die gesamten Symptome zu kennen, die AD(H)S verursachen kann.
Eine Liste mit über 40 AD(H)S-Symptomen findet sich unter ⇒ Symptomgesamtliste nach Erscheinungsformen.
Wir erleben es leider immer wieder, dass Ärzte oder Therapeuten nicht einmal Prokrastination, das am häufigsten durch AD(H)S verursachte Symptom, als ein von AD(H)S verursachbares Symptom erkennen. Prokrastination kann auch durch andere Störungsbilder verursacht werden. Das entschuldigt indes nicht, zu negieren, dass AD(H)S Prokrastination verursachen kann.
Wenn Ärzte oder Therapeuten nicht alle Symptome kennen, die aus einer Störung (hier: AD(H)S) originär verursacht werden können, kann das dazu führen, dass Betroffene aus einer (AD(H)S-)Therapie noch zerstörter herauskommen als sie hineingingen, weil ihnen Symptome ihrer Störung als von ihnen persönlich zu verantwortende Fehler vorgeworfen werden, anstatt mit ihnen daran zu arbeiten, das Symptom der Störung zu bekämpfen. Das Gleiche gilt für viele weitere Symptome, wie Rejection Sensitivity (Kränkbarkeit; gibt sich bei vielen Betroffenen unmittelbar mit Wirkungseintritt von Stimulanzien), emotionale Dysregulation, Ängstlichkeit, die ebenfalls originäre (gemeint ist: kann unmittelbar durch AD(H)S ausgelöst werden) Symptome von AD(H)S sein können.
Sehr häufig wird auch das originäre AD(H)S-Symptom der Dysphorie bei Inaktivität, das zusammen mit den ebenfalls häufigen AD(H)S-Symptomen Anhedonie und Antriebslosigkeit häufig bei AD(H)S auftritt, als Depression fehldiagnostiziert.
Die Änderungen von DSM I bis DSM 5 haben die statistische Erfassung von Krankheiten verändert, aber nicht deren Existenz. Krankheit ist nach unserem Verständnis eine subjektive Beeinträchtigung des Wohlbefindens von Menschen, die so stark ist, dass entweder der Betroffene für sich daran etwas ändern möchte, was eine Behandlung rechtfertigt, oder dass er Dritte so sehr in Mitleidenschaft zieht, dass eine Behandlung objektiv geboten erscheint.
Ob die Beeinträchtigung des Wohlbefindens im DSM oder ICD aufgeführt ist oder bei einer Krankenkasse eine Abrechnungsnummer hat, ist für das Krankheitsempfinden der Betroffenen oder die Beeinträchtigung der Umwelt herzlich irrelevant. Umgekehrt ist unserer Ansicht nach nicht entscheidend, ob Symptome, die ein Mensch hat, in DSM oder ICD aufgeführt sind, wenn weder der Betroffene noch Dritte damit ein Problem haben.
Krause zitieren den Vorsitzenden der Redaktion des DSM IV, den Psychiater Frances Allen, mit der überaus richtigen und wichtigen kritischen Feststellung: “Das DSM muss einfach bleiben, aber die Psychiatrie muss es nicht. Die DSM-Diagnostik sollte nur einen kleinen Teil der Gesamtbeurteilung ausmachen“. Und weiter kritisiert Allen: “Aus einer nuancierten Psychiatrie ist eine Checklisten-Psychiatrie geworden, die individuelle Unterschiede einebnet…“.7
Die Diagnosekriterien von DSM und ICD sind wertvolle Hilfen bei der Feststellung, zu welcher Gruppe die Beeinträchtigung des Betroffenen gehört. Wer aber nur die DSM- oder ICD-Symptome abfragt und zum alleinigen Maßstab einer Behandlung macht, zeigt damit, dass er sich mit dem eigentlichen Problem nicht wirklich auskennt oder aber den Patienten nicht ernst nimmt.
Dass DSM und ICD nur Statistiktools und Diagnosemanuals sind und nicht als allein entscheidende Diagnosekriterien herangezogen werden können, ergibt sich, wie bereits erwähnt, daraus, dass die beiden Systeme schon viele Iterationen mit recht unterschiedlichen Kriterien hinter sich haben und sich zudem untereinander unterscheiden. Dabei hat sich nicht das AD(H)S an sich verändert, sondern lediglich die jeweiligen Verständniskonzepte von DSM und ICD. Zudem fehlen in DSM wie ICD nach wie vor wichtige Symptome, wie z.B. Dysphorie bei Inaktivität, das nach wie vor nur bei Wender/Utah genannt wird.
Ohnehin waren DSM IV und ICD 10 immer nur auf AD(H)S bei Kindern und Jugendlichen zugeschnitten.8
Die Symptome von Erwachsenen unterscheiden sich jedoch erheblich. ⇒ AD(H)S bei Erwachsenen
Für die Betroffenen zählt allein die Beschwernis, die sie durch ihre Krankheit erleiden, egal ob diese von einem Kriterienkatalog erfasst wird oder nicht.
https://www.psychiatry.org/psychiatrists/practice/dsm/history-of-the-dsm ↥
Kooij, Bijlenga, Salerno, Jaeschke, Bitter, Balázs, Thome, Dom, Kasper, Filipe, Stes, Mohr, Leppämäki, Brugué, Bobes, Mccarthy, Richarte, Philipsen, Pehlivanidis, Niemela, Styr, Semerci, Bolea-Alamanac, Edvinsson, Baeyens, Wynchank, Sobanski, Philipsen, McNicholas, Caci, Mihailescu, Manor, Dobrescu, Krause, Fayyad, Ramos-Quiroga, Foeken, Rad, Adamou, Ohlmeier, Fitzgerald, Gill, Lensing, Mukaddes, Brudkiewicz, Gustafsson, Tania, Oswald, Carpentier, De Rossi, Delorme, Simoska, Pallanti, Young, Bejerot, Lehtonen, Kustow, Müller-Sedgwick, Hirvikoski, Pironti, Ginsberg, Félegeházy, Garcia-Portilla, Asherson (2018): Updated European Consensus Statement on diagnosis and treatment of adult ADHD, European Psychiatrie, European Psychiatry 56 (2019) 14–34, http://dx.doi.org/10.1016/j.eurpsy.2018.11.001, Seite 17 ↥ ↥
Solanto, Wasserstein, Marks, Mitchell (2012): Diagnosis of ADHD in adults: what is the appropriate DSM-5 symptom threshold for hyperactivity-impulsivity? J Atten Disord. 2012 Nov;16(8):631-4. doi: 10.1177/1087054711416910. ↥
Kooij, Buitelaar, van den Oord, Furer, Rijnders, Hodiamont (2005): Internal and external validity of attention-deficit hyperactivity disorder in a population-based sample of adults. Psychol Med. 2005 Jun;35(6):817-27. ↥
Würdemann (2010): ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) bei jungen Erwachsenen, Dissertation, Seite 26 ↥
Hallowell, Ratey (1999): Zwanghaft zerstreut oder Die Unfähigkeit, aufmerksam zu sein, Seite 119 ff ↥
Krause, Krause (2014): ADHS im Erwachsenenalter, Seite 65 ↥
Eigene Aussage von Barkley, der an DSM IV mitgewirkt hat ↥