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Symptomentwicklung bei Kindern nach Alter und Häufigkeit

Inhaltsverzeichnis

Symptomentwicklung bei Kindern nach Alter und Häufigkeit

Autor: Ulrich Brennecke
Review: Dipl.-Psych. Waldemar Zdero

Die Symptome von ADHS unterscheiden sich nach Altersphasen, vom Säuglingsalter bis zum Erwachsenenalter.
Im Säuglingsalter können Frühsymptome wie Unruhe, erhöhte Aktivität und Schlafprobleme auf ein erhöhtes ADHS-Risiko hindeuten.
Die Symptome im Kleinkindalter umfassen Ablenkbarkeit, chaotisches Spielverhalten und motorische Probleme.
Im Vorschulalter können sich bei ADHS-I ängstliches und zurückgezogenes Verhalten zeigen, während bei ADHS-HI bereits hyperaktives und impulsives Verhalten auffällig werden.
Im Schulalter treten weitere ADHS-Symptome hinzu, wie Aufmerksamkeitsprobleme, Lernschwierigkeiten, emotionale und soziale Probleme.
Im Jugendalter kann ADHS mit erhöhtem Risikoverhalten und Suchtbereitschaft einhergehen.
Im Erwachsenenalter geht eine frühere Hyperaktivität zurück und innere Unruhe wird sichtbarer. Daneben können affektive Komorbiditäten wie Depressionen oder Angststörungen hinzutreten. ADHS kann sich auch erst im Erwachsenenalter manifestieren, insbesondere bei Frauen ab Ende 30.

Auch Nichtbetroffene haben einzelne ADHS-Symptome. ADHS-Betroffene haben jedoch deutlich mehr ADHS-Symptome als Nicht-Betroffene. Die Diagnose basiert jedoch nicht nur auf dem Vorhandensein bestimmter Symptome, sondern auch auf deren Intensität und dem langfristigen Vorliegen in verschiedenen Lebensbereichen. Es ist wichtig, ADHS von vorübergehenden Belastungen oder Stress abzugrenzen.

Etliche der nachfolgend genannten Symptome sind grundsätzlich typisch für Kinder. Dennoch ist deren Benennung relevant, denn der Unterschied ergibt sich in dem Maß des Auftretens, das bei ADHS deutlich über das Gleichaltriger hinausgeht. Das bloße Auftreten einer stärkeren Symptomatik im Vergleich zu Gleichaltrigen ist noch kein zwingender Grund, eine Diagnose zu geben. Manche Kinder haben zeitliche Entwicklungsverzögerungen, die sich im Lauf der Zeit legen. Dennoch sollten diese frühzeitig beobachtet werden, ohne sie zu pathologisieren, um rechtzeitig eingreifen zu können, wenn sich eine Schwere zeigt, die Förderbedarf oder eine Behandlung erfordert. Bei Vorschulkindern ist eine der wirksamsten Behandlungsformen eine Schulung der Eltern, um einen passenden Umgang mit dem Kind zu trainieren und Verständnis für die individuellen Probleme des Kindes zu entwickeln.

1. Symptomentwicklung von ADHS-HI (mit Hyperaktivität) nach Alter

1.1. Säuglingsalter - Frühsymptome von ADHS

ADHS- (und ASS-) Symptome sind bereits im Säuglingsalter feststellbar.1
Eine Studie konnte bei Kindern mit 1 Monat anhand des Verhaltens (vornehmlich erhöhter Aktivität und Impulsivität und häufiger berichteten Verhaltens- und Temperamentsproblemen) diejenigen mit einem hohen genetischen ADHS-Risiko (ältere Geschwister oder Eltern mit ADHS) von denjenigen ohne genetisches ADHS-Risiko unterscheiden.2

Folgende Frühsymptome bei Säuglingen korrelieren mit einem erhöhten ADHS-Risiko in späteren Jahren:

  • Unruhe, Hypermotorik
    • Unruhe((
      • Ca. 60 % der Kinder zeigen extreme Unruhe3
      • Unruhe bei 6 Monaten korrelierte mit ADHS-Symptomen im Alter von 37 und 54 Monaten, unabhängig vom Frühsymptom der verkürzten Schlafdauer4
    • ununterbrochener Bewegungsdrang3
    • unerschöpfliche Energie5
    • Krabbeln entfällt, frühes Laufen6
    • unruhig, unausgeglichen6
    • Spielausdauer verkürzt6
    • Schwierigkeiten, selbst einen ruhigen Wachzustand herzustellen5
  • Schlaf
    • instabiler Wach- und Schlaf-Rhythmus3
    • oberflächlicher Schlaf, hellwach6
    • Kurzschläfer5
      • Normalschläfer vor 18 Monaten zeigten im Alter von 37 Monaten signifikant weniger ADHS-Symptome als Dauer-Kurzschläfer4
    • Regulationsprobleme (exzessives Weinen, Schlaf- oder Fütterungsprobleme), die im Alter von 5, 20 oder 56 Monaten parallel zueinander (multipel) oder anhaltend (persistent) auftraten, prognostizierten im jungen Erwachsenenalter erhöhte internalisierende (p = .001), externalisierende (p = .020) und Verhaltensprobleme insgesamt (p = .001), insbesondere mehr depressive (p = .012), somatische (p = .005), vermeidende (p < .001) und antisoziale Persönlichkeitsprobleme (p = .006) als bei Kindern, die nie Regulationsprobleme hatten. Das Risiko einer ADHS-Diagnose war erhöht (p = .017), insbesondere vom hyperaktiven/impulsiven Subtyp (p = .032). Der IQ war nicht korreliert.7
  • Weinen, Schreien
    • besonders häufiges ausdauerndes und schrilles Schreien35
    • phasenweise unstillbares Weinen6
    • Regulationsprobleme (exzessives Weinen, Schlaf- oder Fütterungsprobleme), die im Alter von 5, 20 oder 56 Monaten parallel zueinander (multipel) oder anhaltend (persistent) auftraten, prognostizierten im jungen Erwachsenenalter erhöhte internalisierende (p = .001), externalisierende (p = .020) und Verhaltensprobleme insgesamt (p = .001), insbesondere mehr depressive (p = .012), somatische (p = .005), vermeidende (p < .001) und antisoziale Persönlichkeitsprobleme (p = .006) als bei Kindern, die nie Regulationsprobleme hatten. Das Risiko einer ADHS-Diagnose war erhöht (p = .017), insbesondere vom hyperaktiven/impulsiven Subtyp (p = .032). Der IQ war nicht korreliert.7
  • Fütterungsprobleme
    • Trinkprobleme65
    • Heikler Esser5
    • häufige Koliken5
    • Regulationsprobleme (exzessives Weinen, Schlaf- oder Fütterungsprobleme), die im Alter von 5, 20 oder 56 Monaten parallel zueinander (multipel) oder anhaltend (persistent) auftraten, prognostizierten im jungen Erwachsenenalter erhöhte internalisierende (p = .001), externalisierende (p = .020) und Verhaltensprobleme insgesamt (p = .001), insbesondere mehr depressive (p = .012), somatische (p = .005), vermeidende (p < .001) und antisoziale Persönlichkeitsprobleme (p = .006) als bei Kindern, die nie Regulationsprobleme hatten. Das Risiko einer ADHS-Diagnose war erhöht (p = .017), insbesondere vom hyperaktiven/impulsiven Subtyp (p = .032). Der IQ war nicht korreliert.7
  • Sauberkeitserziehung häufig verzögert3
  • Sprachentwicklung häufig verzögert3
  • Streicheln wird nicht genossen6
  • häufig Hautallergien6
  • höheres Maß an negativem Affekt (bereits im Alter von 3 Monaten)8
    • Die Ergebnisse für den positiven Affekt erreichten keine statistische Signifikanz
    • gleichzeitige Betrachtung der Verläufe von positiver und negativer Emotionalität kann zusätzliche Informationen generieren
    • negativer Affekt korrelierte nur dann mit ADHS-Symptomen im Kindesalter, wenn zugleich moderater, stabiler oder niedriger positiver Affekt

1.2. Kleinkindalter (1 – 3 Jahre)

  • Ablenkbarkeit5
  • Chaotisches und destruktives, wenig zielgerichtetes Spielverhalten3
  • Schlafprobleme
    • Durchschlafprobleme bei Kleinkindern von 1 bis 3 Jahren waren ein stärkerer Prädiktor für ein späteres ADHS als die Schlafdauer.9
    • Schlafstörungen5
    • Regulationsprobleme (exzessives Weinen, Schlaf- oder Fütterungsprobleme), die im Alter von 5, 20 oder 56 Monaten parallel zueinander (multipel) oder anhaltend (persistent) auftraten, prognostizierten im jungen Erwachsenenalter erhöhte internalisierende (p = .001), externalisierende (p = .020) und Verhaltensprobleme insgesamt (p = .001), insbesondere mehr depressive (p = .012), somatische (p = .005), vermeidende (p < .001) und antisoziale Persönlichkeitsprobleme (p = .006) als bei Kindern, die nie Regulationsprobleme hatten. Das Risiko einer ADHS-Diagnose war erhöht (p = .017), insbesondere vom hyperaktiven/impulsiven Subtyp (p = .032). Der IQ war nicht korreliert.7
  • Grobmotorische Probleme
    • fällt häufig über die eigenen Beine10
    • Mundmotorik auffällig10
      • Mund steht häufig offen
      • sabbert leicht
    • Lust an heftigen Bewegungen5
    • Dauernd in Bewegung5
    • Motorisch manchmal sehr geschickt5
  • Spielausdauer verkürzt10
    • wechselt häufig Beschäftigung
    • führt Spiel nicht zu Ende
  • Lernprobleme
    • Kein Lernzuwachs durch negative Erfahrungen3
    • lernt schwer, sich anzuziehen10
    • Sprachentwicklung verzögert1011
    • Umstellungsprobleme10
    • Anpassungsprobleme10
  • nicht warten können10
    • bis an der Reihe
  • Sensibilitätsveränderungen
    • hochsensibel oder hyposensibel gegenüber Außenreizen10
  • Novelty Seeking
    • Stimulationshunger5
    • enorm neugierig5
    • Wagemutig, erhöhtes Unfallrisiko5
  • ADHS-HI-spezifisch:
    • Gruppenunfähigkeit und Störverhalten, Außenseiterrolle3
    • Ständiges Herumzappeln und Dazwischenreden im Stuhlkreis3
    • Starker Bewegungsdrang führt zu Selbst- und Fremdgefährdung3
    • Kein Gefahrenbewusstsein3
    • Impulsivität
      • Impulsivität im Alter von 2 Jahren korrelierte mit ADHS-Symptomen im Alter von 3 Jahren.12
    • Reizbarkeit
      • signifikante Reizbarkeit im Alter von 3 Jahren war prädiktiv für klinische Diagnosen
        • im Alter von 6 Jahren (Depression, oppositionelle Verhaltensstörung und funktionelle Beeinträchtigung. Reizbarkeit korrelierte auch mit elterlichen Depressionen und Ängsten)13
        • im Alter von 9 Jahren (aktuelle und lebenslange Angststörungen im Alter von neun Jahren, aktuelle und lebenslange generalisierte Angststörungen und aktuelle Trennungsangst, depressive Symptome, disruptives Verhalten, eine größere funktionelle Beeinträchtigung und die Inanspruchnahme ambulanter Behandlungen)14
        • im Alter von 12 bis 15 Jahren (internalisierende und externalisierende Störungen in der Adoleszenz, Angst und depressive Symptome sowie größere funktionale Beeinträchtigungen, insbesondere schlechteres Auskommen unter Gleichaltrigen, schlechtere körperliche Gesundheit, Einnahme von Antidepressiva)15
    • Emotionale Dysregulation
      • Aggression
        • Vermehrte Aggressionen3
        • Kleiner Tyrann5
        • Zerstörung von Spielen und Spielsachen5
      • Wut
        • Häufige / unkontrollierbare Wutanfälle35
      • Affektkrämpfe5
      • Affektlabil, zumeist ausgeprägte Trotzphase5
  • ADHS-I-spezifisch:
    • auffallend ruhig und brav10
    • überängstlich, klammernd, sehr anhänglich10
  • Eine Metastudie fand eine Vorhersagekraft durch Symptome in den ersten 36 Monaten auf späteres ADHS im Kindesalter:16
    • Aktivitätsniveau (k = 18) im Säuglings- und Kleinkindalter korrelierte mäßig mit ADHS (nur ADHS-C)
    • anhaltende Aufmerksamkeit korrelierte moderat negativ mit ADHS (alle Subtypen)
    • negative Emotionalität korrelierte moderat mit ADHS (alle Subtypen)

1.3. Vorschulalter (4 – 6 Jahre)

1.3.1. ADHS-I im Vorschulalter (ohne Hyperaktivität)

  • häufig ängstlich10
  • häufig unsicher10
  • Lernschwierigkeiten
    • Probleme, zuzuhören10
    • langsames begreifen10
    • glaubt häufig, Aufgabe nicht zu schaffen10
    • langsamer Spracherwerb, verwechselt Buchstaben10
  • Grobmotorik
    • auffällige Mundmotorik10
    • spricht undeutlich10
    • malt und bastelt nicht gerne10
    • motorische Probleme10
    • Schwierigkeiten, schwimmen zu lernen10
    • Schwierigkeiten beim Fahrradfahren lernen
    • Gleichgewichtsprobleme
    • Tätigkeiten verlangsamt oder überschnell10
  • Feinmotorik beeinträchtigt17
  • zurückgezogenes Sozialverhalten
    • spielt häufig allein10
    • wenig Kontakte zu gleichaltrigen Kindern10
    • Rückzugstendenzen in Gruppen10
      • Kindergarten
      • Stuhlkreis
    • langweilt sich schnell10
  • verliert und vergisst häufig Sachen10
  • Regulatorische Probleme (exzessives Weinen, Schlaf- oder Fütterungsprobleme), die im Alter von 5, 20 oder 56 Monaten parallel zueinander (multipel) oder anhaltend (persistent) auftraten, prognostizierten im jungen Erwachsenenalter erhöhte internalisierende (p = .001), externalisierende (p = .020) und Verhaltensprobleme insgesamt (p = .001), insbesondere mehr depressive (p = .012), somatische (p = .005), vermeidende (p < .001) und antisoziale Persönlichkeitsprobleme (p = .006) als bei Kindern, die nie Regulatorische Probleme hatten. Das Risiko einer ADHS-Diagnose war erhöht (p = .017), insbesondere vom hyperaktiven/impulsiven Subtyp (p = .032). Der IQ war nicht korreliert.7

1.3.2. ADHS im Vorschulalter (mit Hyperaktivität)

  • motorische Hyperaktivität
    • motorische Unruhe10
    • immer in Bewegung10
  • Impulsivität
    • regt sich schnell und stark auf10
    • reagiert spontan und unüberlegt10
    • fragt viel10
      • wartet Antworten oft nicht ab10
    • hält sich nicht an Regeln10
      • vergisst Regeln häufig wieder18
    • motzt schnell10
  • Aufmerksamkeitsprobleme
    • zeigen sich häufig erst in höherem Alter (Schulzeit)
    • kann nicht lange zuhören10
    • vergisst schnell10
    • verliert viel10
  • Aggression
    • häufig als Komorbidität
    • insbesondere bei Unsicherheit10
  • Grobmotorik
    • auffällige Mundmotorik19
    • Sprachprobleme
      • spricht undeutlich10
      • stammeln10
      • Schwierigkeiten mit manchen Konsonanten
    • malt und bastelt nicht gerne19
    • hält Stifte verkrampft10
    • drückt zu fest auf10
    • Formen ausmalen oder ausschneiden erschwert10
    • Schwierigkeiten, schwimmen zu lernen
    • Schwierigkeiten beim Fahrradfahren lernen
    • Gleichgewichtsprobleme
  • Feinmotorik beeinträchtigt17
  • Sozialverhalten
    • starker Gerechtigkeitssinn10
    • hoher Ehrgeiz bei Sport und Spiel10
    • will häufig bestimmen10
    • eifrig bei sozialen Diensten10
    • schnell beleidigt20
      • Rejection Sensitivity
  • Ungeduld
    • mit sich10
    • mit anderen10
  • nässt häufiger noch ein10
    • tagsüber häufiger als nachts
  • Schlaf
    • häufig spätes einschlafen10
    • braucht wenig Schlaf10
  • Exekutivfunktionsprobleme im Vorschulalter
    • korrelierten mit mehr externalisierenden und Aufmerksamkeitssymptomen, aber weniger internalisierenden Symptomen im Alter von 8 bis 13 Jahren21
    • ähnlich für eine ältere Altersgruppe22

1.4. Schulzeit (6 bis 15 Jahre)

ADHS-Symptome treten jetzt voll zutage.3

Schlafprobleme im Alter von 8 bis 9 Jahren erhöhten das ADHS-Risiko im Alter von 10 bis 11 Jahren um 18 bis 20 %.23

1.4.1. ADHS-I im Schulalter (ohne Hyperaktivität)

  • emotionale Probleme
    • häufig ängstlich10
    • häufig unsicher10
    • traut sich nichts zu10
    • Rejection Sensitivity
      • leicht kränkbar10
      • weint schnell10
      • emotional empfindlich10
      • verträgt Kritik schlecht10
      • fühlt sich ungeliebt10
      • fühlt sich missverstanden10
  • Aufmerksamkeits- und Lernschwierigkeiten
    • Probleme, zuzuhören10
    • leicht ablenkbar10
    • vergisst viel10
    • überhört viel10
    • unkonzentriert10
      • außer etwas interessiert besonders
    • verträumt10
    • langsam10
    • unflexibles denken10
    • benötigt sehr lange für die Hausaufgaben10
    • kann Hausaufgaben nicht allein machen10
  • Grob- und Feinmotorische Probleme
    • Schriftprobleme
    • Unsauberes ausmalen10
    • spricht undeutlich10
  • Sozialverhalten
    • lässt sich leicht ärgern10
    • kann sich schlecht wehren10
    • verzögerte Entwicklung der sozialen Reife10
    • langweilt sich schnell10
  • verliert und vergisst häufig Sachen
  • Somatisierungstendenzen
    • häufige Kopfschmerzen10
    • häufige Bauchschmerzen10

1.4.2. ADHS-HI im Schulalter (mit Hyperaktivität)

  • Sozialverhalten
    • Einfügen in den Klassenverband sehr erschwert3
  • Aggression
    • schlägt häufig, wird häufig von anderen geschlagen3
  • Risikoverhalten
    • kann Gefahren schlecht einschätzen10
    • 85 % der Schulwegunfälle3
  • Aufmerksamkeitsprobleme werden erstmals erkennbar
    • frühestens im Alter ab 7 Jahre
    • bis zum Alter von 14, 15 Jahren
  • motorische Hyperaktivität
    • motorische Unruhe10
    • immer in Bewegung10
    • zappelt viel10
  • Grobmotorik
    • schlechte Kraftdosierung10
  • Impulsivität
    • regt sich schnell und stark auf10
    • reagiert spontan und unüberlegt10
    • unterbricht andere
    • antwortet, bevor Frage zu Ende gestellt ist10
    • ist häufig laut10
  • Hochsensibilität
    • ist oft selbst Lärmempfindlich18
  • Aufmerksamkeitsprobleme
    • zeigen sich häufig erst in höherem Alter (Schulzeit)
    • kann nicht lange zuhören10
    • vergisst schnell10
    • verliert viel10
    • Konzentrationsspanne begrenzt
      • wechselt häufig zwischen Aufgaben / Tätigkeiten hin und her10
    • malt häufig nebenher
    • Schwierigkeiten, mit den Hausaufgaben zu beginnen10
    • unterbricht Hausaufgaben häufig10
    • gute Beobachtungsgabe10
      • bemerkt vieles10
      • kann andere gut durchschauen10
  • Lernprobleme
    • macht Fehler immer wieder
    • lernt aus Fehlern nicht10
  • Grobmotorik
    • auffällige Mundmotorik19
    • Sprachprobleme
      • spricht undeutlich10
      • stammeln10
      • Schwierigkeiten mit manchen Konsonanten
    • malt und bastelt nicht gerne19
    • hält Stifte verkrampft10
    • drückt zu fest auf10
    • Formen ausmalen oder ausschneiden erschwert10
    • Schwierigkeiten, schwimmen zu lernen
    • Schwierigkeiten beim Fahrradfahren lernen
    • Gleichgewichtsprobleme
  • emotionale Dysregulation
    • Rejection Sensitivity
      • fühlt sich schnell ungerecht behandelt10
  • Sozialverhalten
    • starker Gerechtigkeitssinn10
      • altruistisches Verhalten
    • will häufig bestimmen10
    • kommt mit Gleichaltrigen schlechter zurecht als mit Jüngeren oder Älteren10
  • sammelt nutzlose Dinge10
  • Schlaf
    • häufig spätes Einschlafen

1.5. Jugendalter (ab 15 Jahre)

  • motorische Hyperaktivität verringert sich3
  • innere und äußere Unruhe10
  • Impulsivität und verminderte Aufmerksamkeit bleiben erhalten3
  • Orientierung an sozialen Randgruppen3
  • Risiko, eine Suchtbereitschaft zu entwickeln3
  • Bereitschaft zum Hochrisikoverhalten3
  • Häufige Unfälle3
  • Leistungsabfall unter Stress10
  • Organisationsprobleme10
  • geringe Zielstrebigkeit10
  • Krakelige Handschrift10

1.6. Erwachsenenalter

  • kaum noch motorische Hyperaktivität, stattdessen innere Unruhe, Getriebensein24
  • Aufmerksamkeitsprobleme lassen etwas nach
  • Emotionale Probleme / Affektive Komorbiditäten nehmen zu
    • Depressionen
    • Angststörungen
  • Erhöhtes Suchtrisiko, Störungen im Sozialverhalten25
  • Angstsymptome, Alkoholprobleme26
  • Strafauffälligkeiten 27
  • Erhöhte Unfallneigung28
  • Schlechtere berufliche Position29

2. Symptomhäufigkeit und Symptomintensität bei ADHS

Die Diagnose von ADHS erfolgt nicht dadurch, dass eine spezielle Art von Symptomen vorliegt, die es ausschließlich bei ADHS gibt (kategorial), sondern durch die Menge an Symptomen, die originär aus ADHS stammen können und deren Intensität (dimensional).3031

  • In einer von Barkley32 vorgestellten Symptomsammlung haben
    • Nichtbetroffene im Schnitt 1 bis 2 der 18 Symptome oft, also rund 5 %
    • ADHS-Betroffene haben im Schnitt 12 der 18 der genannten Symptome oft, also rund 66 %.32
  • In dem von uns selbst gestalteten Onlinetest ADHS-Online-Tests
    haben
    • nach ihrer eigenen Einschätzung nicht betroffene Probanden im Schnitt knapp 8 von 32 möglichen Symptomen (25 %)
    • Probanden mit einer gesicherten ADHS-Diagnose rund 24 der 32 möglichen Symptome (75 %)
  • Kaum ein Betroffener hat alle Symptome “oft”, und es ist kaum typisierbar, welche Symptome gehäuft gemeinsam auftreten.

Die Symptome müssen über einen längeren Zeitraum und in mehreren Lebensbereichen auftreten. Meist sind sie vor dem 12. Lebensjahr erstmals sichtbar geworden. Es werden allerdings immer mehr Fälle eines Late Onset ADHS erkannt, bei dem im Jugendalter keine ausreichend starke Symptomatik bestand, die eine Diagnose gerechtfertigt hätte. Des betrifft vor allem Frauen ab Ende 30.
Dass Symptome länger und in verschiedenen Lebensbereichen bestehen müssen, dient dazu, ADHS als dauerhafte Störung von den Symptomen einer lediglich vorübergehenden (Stress-)Belastung durch zeitlich begrenzt bestehende Stressoren abzugrenzen.

3. Ethnische und kulturelle Unterschiede

Bei der Diagnose von ADHS bei Kindern durch Erwachsene sollten die unterschiedlichen ethnischen und kulturellen Hintergründe berücksichtigt werden.33


  1. Davis NO, Lerebours R, Aiello RE, Carpenter KLH, Compton S, Franz L, Kollins SH, Sabatos-DeVito M, Spanos M, Dawson G (2024): Behavioral characteristics of toddlers later identified with an autism diagnosis, ADHD symptoms, or combined autism and ADHD symptoms. J Child Psychol Psychiatry. 2024 Sep 3. doi: 10.1111/jcpp.14050. PMID: 39227035.

  2. Miller, Iosif, Bell, Farquhar-Leicester, Hatch, Hill, Hill, Solis, Young, Ozonoff (2020): Can Familial Risk for ADHD Be Detected in the First Two Years of Life? J Clin Child Adolesc Psychol. 2020 Jan 17;1-13. doi: 10.1080/15374416.2019.1709196. PMID: 31951755.

  3. www.sonderpaedagogik-k.uni-wuerzburg.de/fileadmin/06040400/downloads/sopaed2_ws0304_ads-adhs.pdf

  4. Stott J, Coleman E, Hamilton A, Blackwell J, Ball HL (2023): Exploring the Longitudinal Relationship Between Short Sleep Duration, Temperament and Attention Deficit Hyperactivity Disorder Symptoms in a Biethnic Population of Children Aged Between 6 and 61 Months: A Born in Bradford Study. J Atten Disord. 2023 May 8:10870547231168433. doi: 10.1177/10870547231168433. PMID: 37154203.

  5. Brandau (2004): Das ADHS-Puzzle; Systemisch-evolutionäre Aspekte, Unfallrisiko und klinische Perspektiven. Seite 39

  6. Simchen (2015): Die vielen Gesichter des ADS, 4. Aufl., S. 11

  7. Wolke D, Baumann N, Jaekel J, Pyhälä R, Heinonen K, Räikkönen K, Sorg C, Bilgin A (2023): The association of early regulatory problems with behavioral problems and cognitive functioning in adulthood: two cohorts in two countries. J Child Psychol Psychiatry. 2023 Jan 5. doi: 10.1111/jcpp.13742. PMID: 36601777. n = 759

  8. Gustafsson HC, Nolvi S, Sullivan EL, Rasmussen JM, Gyllenhammer LE, Entringer S, Wadhwa PD, O’Connor TG, Karlsson L, Karlsson H, Korja R, Buss C, Graham AM, Nigg JT (2021): Early development of negative and positive affect: Implications for ADHD symptomatology across three birth cohorts. Dev Psychopathol. 2021 Dec;33(5):1837-1848. doi: 10.1017/s0954579421001012. PMID: 36238202; PMCID: PMC9555229. n = 191

  9. Carpena, Munhoz, Xavier, Rohde, Santos, Del-Ponte, Barros, Matijasevich, Tovo-Rodrigues (2019): The Role of Sleep Duration and Sleep Problems During Childhood in the Development of ADHD in Adolescence: Findings From a Population-Based Birth Cohort. J Atten Disord. 2019 Oct 16:1087054719879500. doi: 10.1177/1087054719879500.

  10. Simchen (2015): 1.1. Viele fragen: “Woran erkenne ich ADS?” In: Die vielen Gesichter des ADS, 4. Aufl.

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  12. Gagne, Asherson, Saudino (2020): A Twin Study of Inhibitory Control at Age Two and ADHD Behavior Problems at Age Three. Behav Genet. 2020 Jul;50(4):289-300. doi: 10.1007/s10519-020-09997-5. PMID: 32162153.

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  32. Barkley: Das große Handbuch für Erwachsene mit ADHS, 2010, Huber, Seite 46; n = 252

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Diese Seite wurde am 11.09.2024 zuletzt aktualisiert.