Autor: Ulrich Brennecke
Review: Dipl.-Psych. Waldemar Zdero
Schlafprobleme sind bei ADHS besonders häufig. Schlafstörungen treten bei ADHS-Betroffenen häufiger auf als bei deren nicht betroffenen Zwillingsgeschwistern. Die Stärke der Schlafprobleme korreliert mit der Stärke der ADHS-Symptome. Remittiert das ADHS, normalisieren sich die Schlafprobleme. Durchschlafprobleme scheinen eher eine Folge von ADHS zu sein als eine Ursache.
Einschlafprobleme werden häufig durch ständiges Grübeln und einen nicht enden wollenden Gedankenstrom verursacht. Hörbücher oder eine niedrige Dosis von Stimulanzien können manche Betroffene beim Einschlafen unterstützen. Durchschlafprobleme sind bei ADHS ebenfalls verbreitet, jedoch sind Einschlafprobleme häufiger. Tagesmüdigkeit tritt bei Erwachsenen etwa doppelt so häufig auf wie Durchschlafprobleme. Alkoholkonsum kann Durchschlafprobleme begünstigen. Ferner können innere Anspannung und Stress zu Schlafproblemen wie Gliedmaßenzuckungen oder Rückenschmerzen führen.
Quellen sprechen von:
- zwischen 12,7 % der Kinder zwischen 7 und 11 Jahren mit ADHS, 55% und 70 bis 80 % aller ADHS-betroffenen Kinder
- zwischen 29 % (gegenüber 2,3 % der Nichtbetroffenen) und 44,4 % der Erwachsenen mit ADHS,
- 43 % der ADHS-Betroffenen (Einschlafstörung oder Durchschlafstörung).
- 75 % der ADHS-betroffenen Kinder und Erwachsenen
- 6,2 fach höhere Wahrscheinlichkeit klinisch erhöhter Schlafprobleme bei Jugendlichen mit ADHS
- Eine einzelne Studie fand bei ADHS keine Veränderungen an der Schlafarchitektur.
- Verwendung von Schlafmitteln 3-fach erhöht (61,4 % ggüber 20,2 %) bei Erwachsenen mit ADHS, wobei der Subtyp keine Rolle spielte.
- Alpträume 3-mal so häufig
- bei 78 % der ADHS-Betroffenen nach hinten verschobener circadianer Rhythmus.
- eine Metastudie von k = 13 Studien fand, dass Erwachsene mit ADHS sich anhand der Newcastle-Ottawa-Skala signifikant von Nichtbetroffenen unterschieden:
- in sieben von neun subjektiven Schlafparametern (SMD 0,56 bis1,55)
- in zwei von fünf aktigraphischen Schlafparametern
- Schlafbeginn-Latenz: SMD 0,80
- Schlafeffizienz SMD 0,68
- nicht aber in den polysomnografischen Schlafparametern
Jugendliche mit ADHS haben je Person eine höhere Variabilität an Schlafproblemen als Jugendliche ohne ADHS. Diese betreffen Schlafenszeit, Wachzeit, Schlafdauer, Schlafbeginn-Latenz, Schlafqualität und nächtliche Wachzeiten.
Schlafprobleme sollten bei ADHS mit besonderer Aufmerksamkeit und Priorität behandelt werden. Treten Schlafprobleme zusammen mit (oder verursacht durch) ADHS auf, entsteht leicht ein sich gegenseitig verstärkender Teufelskreis.
Weitere Informationen zu Schlafproblemen finden sich hier:
1. Schlafprobleme bei ADHS - die Symptome¶
Schlaf dient dazu, das am Tag Erlebte aus dem Hippocampus zunächst in den Kortex (als Zwischenspeicher) abzulegen (erste Nachthälfte) und es von dort aus zu verarbeiten und den einzelnen Themenkomplexen, die die Erlebnisse betrafen, zuzuordnen. Tags werden derart abzulegende Erlebnnisse mit Beta-Amyloiden “gekennzeichnet”. Diese müssen in der zweiten Nachthälfte abgebaut werden. Ist der Schaf beeinträchtigt oder zu kurz, bleibt der Beta-Amyloid-Abbau unvollständig. Dies führt in der Folge zu Gedächtnisproblemen.
98 % der Zeit sind Menschen entweder im Schlaf oder im Wachzustand. Nur 1 bis 2 % der Zeit verbringen Menschen in Übergangszuständen. Der Wechsel zwischen Schlaf und Wachzustand erfolgt mittels eines Flip-Flop-Schaltermodells:
Elemente des Flip-Flop-Schaltersystems:
-
Monoaminerge Kerne
- Nucleus coeruleus
- tuberomammillärer Nukleus
- Raphe-Kerne
-
ventrolaterale Kerne
-
ventrolateraler präoptischen Kern (VLPO)
- erweiterter ventrolateraler präoptischen Kern (eVLPO)
- Orixin-Neuronen
Schlafzustand:
- VLPO-Neuronen feuern
- dies hemmt die monoaminergen Kerne
- dies hemmt deren Hemmung der VLPO
- hemmt zugleich Orexinneurone
- verhindert eine monoaminerge Aktivierung, die den Schlaf unterbrechen könnte
Wachzustand:
-monoaminerge Kerne hemmen den VLPO
- beendet Hemmung von
- monoaminerge Kerne
- Orexin-Neuronen
- pedunculopontinen Kernen (cholinerg)
- laterodorsale tegmentale Kerne (cholinerg)
Da die VLPO-Neuronen keine Orexin-Rezeptoren besitzen, verstärken die Orexin-Neuronen den monoaminergen Tonus und hemmen die VLPO nicht.
Die direkte gegenseitige Hemmung zwischen den VLPO und den monoaminergen Kernen bildet einen klassischen Flip-Flop-Schalter mit scharfen Zustandsübergänge, der jedoch aber relativ instabil ist. Erst die hinzutretenden Orexin-Neuronen stabilisieren den Schalter und sind letztendlich die entscheidende Instanz.
Bei Männern geht ein verringerter basaler Cortisolspiegel mit Schlafproblemen einher. Bei Frauen fand sich kein Einfluss des basalen Cortisolspiegels auf den Schlaf.
Bei ADHS fand die Mehrheit der Studien einen verringerten basalen Cortisolspiegel. Siehe hierzu unter Basale Cortisolspiegel bei ADHS verringert im Beitrag Cortisol und andere Stresshormone bei ADHS
Dies deckt sich nicht mit der Hypothese von Ridinger, dass Schlafprobleme bei ADHS typischerweise durch einen erhöhten basalen Cortisolspiegel verursacht werden könnten.
1.1. Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen bei ADHS¶
1.1.1. Einschlafstörungen bei ADHS¶
Normal ist eine Einschlafzeit (Einschlaflatenz) zwischen 5 und 30 Minuten. Ein Einschlafen innerhalb von weniger als 5 Minuten nach dem zu Bett gehen kann als Folge einer übergroßen Erschöpfung betrachtet werden, ein Einschlafen später als nach 30 Minuten als eine Folge eines erhöhten Arousals. Beides ist bei ADHS zu beobachten.
ADHS-Betroffene benötigen häufig wesentlich länger, um einzuschlafen. Typisch ist die Beschreibung eines Gedankenkreisens. Dies dürfte mit Innerer Unruhe korrelieren, kann auch auf depressiven Problematiken beruhen.
Kinder mit ADHS brauchten länger, um N3 (nicht-schnelle Augenbewegungen) zu erreichen.
Einschlafstörungen bei ADHS betrafen
* 11 % der ADHS-Betroffenen (n = 27)
* 2,5-fach erhöht
* 66,8 % der ADHS-Betroffenen
* 79,7 % bei ADHS-C
* 55,6 % bei ADHS-I
* 28,8 % der Nichtbetroffenen
Etliche Betroffene berichten, dass sie mit Hörbüchern besser einschlafen können. Eine geringe unretardierte Stimulanziendosis (1/4 bis 1/2 einer Tages-Einzeldosis) kann einem kleinen, aber nicht unerheblichen Teil der Betroffenen beim Einschlafen helfen.
1.1.1.1. Schlafphasenverlagerung (späterer Schlafrhythmus) / Zirkadianer Rhythmus und ADHS¶
Circadiane Probleme sind mit vielfältigen psychischen Störungen verknüpft, neben ADHS u.a. mit ASS, Angst und Depression. Die Bevölkerungsprävalenz liegt zwischen 1 % und 16 %.
Manche Stimmen erörtern, ob ADHS – zumindest für eine Subgruppe von Betroffenen – vornehmlich die Folge eines verschobenen Chronorhythmus sei.
Für eine Subgruppe mag dies zutreffen. Ebenso dürften die meisten ADHS-Betroffenen mit einem nach hinten verschobenen Chronobiorhythmus sehr davon profitieren, wenn die Verschiebung verringert oder behoben werden könnte. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Chronorhythmus zu einem guten Teil durch Lebensumstände und Lebensgewohnheiten gesteuert wird. In der Corona-Pandemie wurde bei Quarantäne wie bei Home-Office bei 2/3 der Probanden eine Verlagerung des Chronorhythmus nach hinten festgestellt. Die Schlafenszeit wie die Aufstehzeit waren verzögert. Zugleich war die Schlafqualität verschlechtert. Bei gut 16 % führte Home-Office zu einer kompletten Deregulation des Chronobiorhythmus.
Es bestehen mehrere Berührungspunkte der neurophysiologischen Regulation des circadianen Rhythmus einerseits und ADHS andererseits.
ADHS zeigt häufig einen veränderten Schlafrhythmus. Bis zu 75 % der ADHS-betroffenen Kinder und Erwachsene leiden an einem verschobenen Chronobiorhythmus. Eine kleine Studie an Jugendlichen mit ADHS fand bei 33 % der ADHS-Betroffenen und bei 27 % der Nichtbetroffenen Syndrom der verzögerten Schlafphase (DSPS).
ADHS-Betroffene mit einer ausgeprägt späteren Schlafrhythmik (“eveningness”, Eulen) zeigten in einer kleinen Untersuchung erhöhte Selbstbewertungswerte von Unaufmerksamkeit und Schläfrigkeit tagsüber sowie langsamere Reaktionszeiten als Betroffene mit einem frühen Tagesrhythmus (“morningness”, Lerchen). Die Schwere der Gesamtsymptomatik unterschied sich nicht.
Eveningness korrelierte in Untersuchungen
- (anders als Einschlafprobleme und Schlaflosigkeit) mit verkürzten Telomeren der Leukozyten, was eigentlich mit einem höheren biologischen Alter korreliert.
- Das Vorhandensein von 5 SNPs, die die Zeit der 10 aktivsten Tagesstunden bedingen, erhöhte das ADHS-Risiko auf das 7.7-fache und das ASS-Risiko auf das 29,6-fache.
- Ob Eveningness mit Subtypen korreliert ist unklar
- Eine große Studie fand Eveningness häufiger bei ADHS ohne Hyperaktivität:
-
ADHS-I: 47,5 %
-
ADHS-C: 41,5 %
-
ADHS-HI: 30,5 %
- eine kleine norwegische Studie an Erwachsenen mit ADHS fand starke Eveningness deutlich häufiger bei ADHS-HI / ADHS-C als bei ADHS-I
- 2,4 mal häufiger mit einem adipösen BMI als Morningness (unabhängig von ADHS). Daneben korrelierten höhere BMI-Werte mit erhöhten Werten von ODD und ADHS.
- mit erhöhten Schlafproblemen und erhöhter Tagesmüdigkeit, unabhängig von der Dauer des Nachtschlafes.
- mit einer Geburt zu Zeiten langer Helligkeit (Juni, Juli), bei zugleich deutlich verringerter Prävalenz bei einem Geburtsdatum im Dezember oder Januar. Zusammen mit weiteren Untersuchungen deutet dies stark auf eine deutliche Prägung in den ersten Lebensmonaten hin.
- mit wenig Aufenthalt im Freien. Menschen, die ihren Tag typischerweise im Freien verbringen, gehen früher zu Bett und schlafen länger als Menschen, die ihren Tag typischerweise in Innenräumen verbringen.
- mit dem Breitengrad des Lebensmittelpunkts / des Aufwachsens. In Ländern und geografischen Gebieten mit geringerer Sonnenintensität und damit geringerer Anpassung an Tag und Nacht durch die zentrale biologische Uhr zeigt sich eine höhere ADHS-Prävalenz.
- Zur Frage, ob Träger von DRD4-7R, einer Genvariante des Dopamin-D4-Rezeptor-Gens, insbesondere dann häufiger von ADHS betroffen sind, wenn sie im Frühjahr oder Sommer geboren wurden, liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. Denkbar ist, dass die Widersprüche sich auflösen, wenn berücksichtigt wird, dass Menschen mit einem nördlichen genetischen Hintergrund weniger empfindlich auf Variationen der Sonnenlichtintensität reagieren.
Eine übergroße Tagesbelastung, wie sie durch ADHS aufgrund des beeinträchtigten Reizfilters auftreten kann, kann zu einem vorgezogenen kleinen Melatoninpeak am frühen Abend führen (Dämmerlichtmüdigkeit). Diesem kurzen Melatoninpeak gegen 18 / 19 Uhr folgt ein Melatoninrückgang auf Null gegen 21 Uhr.
1.1.1.2. Verzögerter abendlicher Melatoninanstieg¶
Bei ADHS-Betroffenen wie bei Menschen mit Schlafproblemen ist häufig der abendliche Anstieg von Melatonin verzögert. Bei Kindern zwischen 6 und 12 Jahren mit ADHS und Schlafproblemen war der Schlafbeginn gegenüber Kindern mit ADHS ohne Schlafprobleme um 50 Minuten verzögert, was dem Verzögerungszeitraum des Melatoninanstiegs entsprach. Im Übrigen unterschied sich der Schlaf nicht erheblich.
Da der Schulbeginn und folglich die Aufstehzeit für alle Kinder gleich ist, erklärt dies, dass ADHS-Betroffene mit Schlafproblemen weniger Schlaf bekommen und deshalb zusätzliche Schwierigkeiten im Alltag haben.
Bei Menschen mit Delayed Sleep-Wake Phase Disorder ist das Melatoninmaximum um 2 bis 6 Stunden nach hinten verschoben. Die Studie fand eine Verschiebung von rund 5 Stunden, von 00:30 Uhr auf 05:30 Uhr. Zugleich war der Antieg des Melatoninspiegels etwas flacher.
1.1.1.3. Erhöhtes Risiko von Winterdepression¶
Menschen mit einem nach hinten verschobenen circadianen Rhythmus leiden laut einer Umfrage von Kooij häufiger an Winterdepression.
1.1.2. Durchschlafstörungen bei ADHS¶
Aufwachen während der Nacht, häufig nach 3 bis 4 Stunden Schlaf. Durchschlafstörungen sind bei ADHS eine der häufigsten Schlafstörungen. Sie scheinen jedoch eher eine Folge von ADHS zu sein als eine Ursache.
Nach unserem persönlichen Eindruck sowie nach den Daten des ADxS.org-Symptomtests sind jedoch Einschlafprobleme etwas häufiger und Tagesmüdigkeit tritt (zumindest bei Erwachsenen) ungefähr doppelt so häufig auf.
Durchschlafprobleme bei Kleinkindern von 1 bis 3 Jahren waren ein stärkerer Prädiktor für eine spätere ADHS-Diagnose als die Schlafdauer.
Durchschlafprobleme können von erhöhtem Alkoholkonsum hervorgerufen werden, der bei ADHS häufiger ist, unter anderem um das Einschlafen zu fördern. Im Übrigen scheinen Durchschlafprobleme wie Kreuzschmerzen oder Zähneknirschen von einer übergroßen inneren Anspannung beeinflusst zu werden.
1.1.3. Verkürzte Schlafdauer und ADHS¶
Eine Metauntersuchung stellte eine Korrelation von verkürzter Schlafdauer und ADHS-Symptomen fest, insbesondere Hyperaktivität. Eine andere Studie fand keinerlei Zusammenhang zwischen dem ADHS-Polygenic-Risc-Score und der via Aktigraphie gemessenen Schlafdauer, obwohl Eltern eine Korrelation zwischen ADHS-Symptomen und einer verkürzten Schlafdauer berichteten..
Eine Verlängerung der Schlafdauer verbesserte die Inhibition bei Kindern mit ADHS deutlich.
Eine Schlafdauer von weniger als 6 Stunden ist bei ADHS-Betroffenen 3,5-fach mal so häufig:
- 26,6 % der ADHS-Betroffenen
- 34,7 % bei ADHS-HI und ADHS-C
- 22,2 % bei ADHS-I
- 7,5 % der Nichtbetroffenen
Interessanterweise hat sich die Schlafdauer von Kindern in den letzten Jahrzehnten stetig verkürzt. Die abendliche Schlafenszeit von Dreijährigen betrug 1974 19:08 Uhr, 1979 19:53 Uhr und 1986 20:07 Uhr.
10- bis 15-jährige Kinder schliefen 1985 30 Minuten mehr pro Nacht als Gleichaltrige 2005, bei zugleich früheren Schlafzeiten im Jahr 1985.
Eine große Analyse an 690.747 Kindern zeigte, dass die Schlafdauer von 1905 bis 2008 um 0,75 Minuten pro Jahr, in den über 100 Jahren insgesamt 1:15 Stunden zurückging. Weiterhin zeigt eine Metastudie von 20 Untersuchungen, dass die Wahrscheinlichkeit von Fettleibigkeit bei ADHS-HI mit einer kürzeren Schlafdauer der Kinder korrelierte.
1.1.4. Schlafqualität und ADHS¶
Während eine Verbesserung der Schlafqualität eine erhebliche prophylaktische Wirkung in Bezug auf ASS zeigte (OR = 0,15), hatte eine Verbesserung der Schlafqualität nur wenig Auswirkungen auf ADHS.
1.2. Schlafbezogene Atmungsstörungen bei ADHS¶
Atemaussetzer im Schlaf (Obstruktive Schlafapnoe) sind häufig eine Ursache für ADHS-ähnliche Symptome.
Bei chronischer adenotonsillärer Hypertrophie verbessert eine Adenotonsillektomie eine etwaige oder vermeintliche ADHS-Symptomatik.
Hohes Gewicht erhöht die Wahrscheinlichkeit von Schlaf-Apnoe.
Schlaf-Apnoe scheint bei Erwachsenen mit einer höheren ADHS-Wahrscheinlichkeit einherzugehen.
ADHS geht häufig mit Schlafstörungen einher.
- Obstruktive Schlafapnoe ist bei ADHS überhäufig
- 3,6-fach erhöht bei ADHS (Schlafapnoe und Schnarchen)
- 41 % der ADHS-Betroffenen (n = 27) n = 27)
Ein Test auf Schlaf-Apnoe erfordert keine Übernachtung in einem Schlaflabor. Schlafmediziner geben den Betroffenen ein Gerät mit nach Hause, diese eine Nacht lang tragen und am nächsten Tag zurückgeben. Die aufgezeichneten Daten zeigen Atemprobleme beim Schlaf zuverlässig an.
Schlaflosigkeit, RLS und häufiges Schnarchen scheinen signifikante Prädiktoren für nachfolgende ADHS-HI-Symptome zu sein.
1.3. Schlafbezogene Bewegungsstörungen und ADHS¶
Restless Legs Syndrom (RLS). RLS-Symptome, Schlaflosigkeit und häufiges Schnarchen scheinen signifikante Prädiktoren für nachfolgende ADHS-HI-Symptome zu sein.
Periodic-Leg-Movement-Syndrom (PLMS) ist eine erhöhte Bewegungsaktivität, vor allem in der zweiten Schlafhälfte. ADHS-Betroffene wachen hierdurch häufiger auf.
Schlafbezogene Bewegungsstörungen sind bei ADHS erhöht.
* 22 % der ADHS-Betroffenen (n = 27)
* RLS 14,5-fach erhöht
* Häufiger bei ADHS-HI / ADHS-C als bei ADHS-I
1.4. Narkolepsie¶
Narkolepsie ist eine häufige Komorbidität von ADHS.
Narkolepsie hat folgende Symptome:
- Übermäßige Tagesschläfrigkeit (ETS)
-
Kataplexie
- Hypnagoge und hypnopompe Halluzinationen.
- Schlaflähmung
- Gestörter nächtlicher Schlaf (aufgrund erhöhter Erregung)
Mehr als 10% der Narkolepsie-Betroffenen zeigen alle Symptome.
Kataplexie tritt bei ADHS 11-fach häufiger auf als bei Nichtbetroffenen.
1.5. Starke Tagesmüdigkeit und ADHS¶
Bei ADHS-Betroffenen werden zuweilen Probleme mit starker Tagesmüdigkeit bzw. erhöhter Schläfrigkeit beobachtet.
Tagesmüdigkeit tritt bei ADHS 3 Mal häufiger auf als bei Nichtbetroffenen. 50 % der ADHS-Betroffenen weisen Tagesmüdigkeit auf.
Schlafentzug bewirkt bei ADHS-Betroffenen größere Müdigkeit als bei Nichtbetroffenen. ADHS-Betroffene reagieren mithin auf Schlafmangel empfindlicher als Nichtbetroffene.
Eine Studie fand eine Korrelation von Tagesmüdigkeit und kognitiven Problemen bei ADHS.
In diesem Fall ist eine Behandlung mit Modafinil naheliegend.
Weiter sollte der Orexin-Spiegel geprüft werden. Mehr hierzu unter⇒ Orexin / Hypokretin Modafinil erhöht offenbar den Orexin-Spiegel. Dies könnte einer der Wirkwege von Modafinil bei der Behandlung von Narkolepsie sein.
Der selektive D1-Rezeptor-Agonist SKF38393 konnte in Tierstudien übermäßige Tagesmüdigkeit verbessern und den REM-Schlaf wieder herstellen.
1.6. Verlängerter REM-Schlaf¶
6 Untersuchungen fanden bei ADHS-Betroffenen verlängerte REM-Schlaf-Phasen, zwei Untersuchungen fanden verkürzten REM-Schlaf, eine fand verkürzten REM-Schlaf bei ADHS, wenn die Schlafdauer verringert wurde.
1.7. Slow-Wave-Schlaf bei ADHS¶
Einige Studien fanden bei ADHS einen erhöhten Slow-Wave-Schlaf-Anteil innerhalb und außerhalb von REM-Schlaf-Phasen.
Eine Studie fand eine anderthalb Mal so lange Dauer des Slow-Wave-Schlafs bei Erwachsenen mit ADHS:
-
ADHS: 68,3 Minuten
- Nicht-ADHS: 43,4 Minuten
Eine Studie berichtet einen verringerten prozentualen Anteil an Slow-Wave-Schlaf
1.8. Bruxismus und Schlaf¶
Möglicher Bruxismus im Schlaf und im Wachzustand war mit Hyperaktivität und Impulsivität assoziiert.
1.9. Sonstige Schlafstörungen bei ADHS¶
Bei Kindern mit ADHS fanden sich folgende weitere, seltenere Schlafstörungen.
- schlafbezogene epileptiforme Entladungen
- 22 % der ADHS-Betroffenen (n = 27) n = 27)
- Narkolepsie-ähnlicher Phänotyp
- 7 % der ADHS-Betroffenen (n = 27) n = 27)
-
Arousal-Störung
- 4 % der ADHS-Betroffenen (n = 27) n = 27)
2. Schlafprobleme bei ADHS bei Subtypen und Komorbiditäten¶
2.1. Schlafprobleme korrelieren mit Emotionaler Dysregulation und Aufmerksamkeitsproblemen¶
Eine große Studie (n = 4.109) an Kindern von 0 bis 7 Jahren stellte fest, dass ADHS-Betroffene mehr Schlafprobleme und in der Folge mehr Probleme mit emotionaler Dysregulation und Aufmerksamkeit haben als Nichtbetroffene. Zugleich wurde festgestellt, dass Schlafprobleme auch bei Nichtbetroffenen zu emotionaler Dysregulation und Aufmerksamkeitsproblemen führen. Schlafprobleme sind jedoch nicht der Auslöser späterer Aufmerksamkeitsprobleme.
Ob ein Zusammenhang zwischen verkürztem Schlaf und Subtypen besteht, ist unklar.
- Schlafdauer nahm mit zunehmender Intensität der Unaufmerksamkeits-Symptome ab, während Hyperaktivität/Impulsivität keinen Zusammenhang mit der Schlafdauer zeigten.
- Schlafdauerprobleme eher bei ADHS-HI / ADHS-C als bei ADHS-I
Bei Depressionen sind Durchschlafprobleme häufig. Sie sind ein typisches Symptom der internalisierenden Depressions-Subtypen (melancholische oder psychotische Depression), während Tagesmüdigkeit stark mit dem externalisierenden Subtyp der atypischen Depression korreliert. Bei ADHS scheinen die verschiedenen Schlafprobleme nicht so deutlich mit bestimmten ADHS-Präsentationen (früher: Subtypen) zu korrelieren. Die Daten des ADxS-Symptomtests (Stand Juni 2020, n = 1.889) zeigen, dass Tagesmüdigkeit bei Erwachsenen mit ADHS das häufigste Schlafproblem ist (ungefähr doppelt so häufig wie Einschlafprobleme oder Durchschlafprobleme) und etwas häufiger bei ADHS-I als bei ADHS-HI und ADHS-C auftritt. Einschlafprobleme treten häufiger auf als Durchschlafprobleme. Einschlaf- wie Durchschlafprobleme sind zudem häufiger bei ADHS-HI und ADHS-C als beim ADHS-I anzutreffen.
2.2. Schlafprobleme und ADHS-Präsentationsformen (Subtypen)¶
Zur Häufigkeit von Schlafproblemen bei den Subtypen fanden sich unterschiedliche Ergebnisse.
- häufiger bei ADHS-C
- häufiger ADHS-HI und ADHS-C als bei ADHS-I
- häufigere Durchschlafprobleme bei ADHS-HI
- häufiger bei ADHS-I
- keine Unterschiede der Subtypen,
- jedoch geschlechtsspezifische und komorbiditätsspezifische Unterschiede: 75 % der Mädchen und 53 % der Jungen mit ADHS hatten Schlafprobleme. Angstsymptome korrelierten eindeutig mit späterer Schlafenszeit und Schlafangst, hyperaktiv-impulsive Symptome waren mit häufigerem nächtlichen Erwachen und mehr Schlafverhaltensstörungen (Parasomnie) verbunden. ODD und depressive Symptome korrelierten mit kürzerer Schlafdauer. Depressionen zeigten sich eindeutig in erhöhter Tagesschläfrigkeit und allgemeinen Schlafproblemen. Das Geschlecht moderierte die Korrelation zwischen Komorbiditäten und Schlafprobleme nicht. Eine andere Studie fand bei Jungen mit ADHS eine Korrelation zwischen instabilem Schlaf und Unaufmerksamkeit.
Eine Studie fand, dass Schlafprobleme bei ADHS nur bei Betroffenen mit Sensibilitätsproblemen (Geschmacks- und Geruchsempfindlichkeit, Hörempfindlichkeit und Sensation seeking) nach dem Short Sensory Profile (SSP) Fragebogen auftraten.
Bei Erwachsenen mit ADHS erhöhten höhere ADHS-Schweregrade sowie mit medizinischen oder psychiatrische Komorbiditäten (insbesondere Depression, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen und jede Art von Substanzkonsumstörungen) die Schlafprobleme weiter.
3. Schlafprobleme als Stresssymptome¶
Schlafstörungen sind sehr häufige Symptome bei schwerem Stress.
Erhöhte Wachheit und verringerter Tiefschlaf ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.
Als Stresssymptom werden auch häufige Albträume genannt.