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16. Sexualverhalten bei ADHS

Inhaltsverzeichnis

16. Sexualverhalten bei ADHS

Autor: Ulrich Brennecke
Review: Dipl.-Psych. Waldemar Zdero

Frauen mit ADHS haben signifikant1

  • früher ihren ersten Geschlechtsverkehr
  • früher ihre erste Lebendgeburt
  • früher ihre Menopause

ADHS ist mit einem riskanteren Sexualverhalten verbunden.2
Eine Untersuchung berichtet von signifikant verringerten Werten bei erwachsenen Frauen mit ADHS in Bezug auf3

  • Begehren
  • Erregung
  • Orgasmus
  • Befriedigung
  • Schmerz
  • Lubrikation

Bei erwachsenen Männern mit ADHS berichtet die Studie von signifikant geringeren Werten von

  • Orgasmus
  • erektiler Funktion
  • Geschlechtsverkehrszufriedenheit
  • allgemeine Zufriedenheit

Lediglich das Begehren war bei Männern nicht beeinträchtigt.

Dopamin ist mit der erektilen Funktion und dem männlichen Sexualverhalten verbunden, wobei ein zuviel wie ein zuwenig an Dopamin schädlich sein kann.4 Dopamin scheint das männliche Sexualverhalten eher anzuregen und das weibliche Sexualverhalten eher zu hemmen.

Eine systemische Gabe von Dopamin-Agonisten durch Mikroinjektion in den paraventrikulären Nukleus des Hypothalamus (PVN) bewirkt bei männlichen Ratten mittels Dopamin-D2-Rezeptor-Aktivierung eine Peniserektion. Bei Mikroinjektion in den medialen präoptischen Bereich erleichtern sie das Kopulationsverhalten. Es handelt sich um eine Aktivierung des inzertohypothalamischen dopaminergen Systems, dessen Neuronen ihren Ursprung in den katecholaminergen Zellgruppen A13 und A14 des Hypothalamus haben.4 Anders als Sildenafil wirken D2-Agonisten direkt im ZNS. Die erektile Reaktion auf D2-Agonisten wird durch den Oxytocin-Antagonisten d(CH2)5Tyr(Me)2-Orn8-Vasotocin deutlich reduziert, wenn dieser intrazerebroventrikulär oder ins VTA gegeben wird.
In den 1990er Jahren kam ein D4-Agonist zur Behandlung erektiler Dysfunktion auf den Markt. Der Erfolg war jedoch gering, einerseits weil oral wirksamen Phosphodiesterase-Typ-V-Hemmer effektiver waren und andererseits weil der D4-Agonist Erbrechen auslöste.

ADHS-Betroffene berichteten:5

  • um 43 % häufiger sehr sexuell erregende paraphile Fantasien (58,2 % zu 40,5 %)
  • um 58 % häufiger paraphile Verhaltensweisen (44,9 % zu 28,4 %)

Bei ADHS korrelierten paraphile sexuelle Masturbationsphantasien wie paraphile sexuellen Verhaltensweisen signifikant mit Hypersexualität.5

Eine Studie berichtet, dass das Sexual Boredom Inventory (SBI), ein Fragebogen, der mit 6-Items die sexuelle Langeweile als einen vorübergehenden, kontextabhängigen Zustand bewertet, mit Aufmerksamkeitsstörungen und Impulsivität korrelierte, was auf einen Zusammenhang zwischen sexueller Langeweile und ADHS hinweise.6


  1. Ni, Amare, Zhou, Mills, Gratten, Lee (2019): The genetic relationship between female reproductive traits and six psychiatric disorders. Sci Rep. 2019 Aug 19;9(1):12041. doi: 10.1038/s41598-019-48403-x.

  2. Spiegel, Pollak (2019): Attention Deficit/Hyperactivity Disorder and Increased Engagement in Sexual Risk-Taking Behavior: The Role of Benefit Perception. Front Psychol. 2019 May 22;10:1043. doi: 10.3389/fpsyg.2019.01043. eCollection 2019.

  3. Amani Jabalkandi, Raisi, Shahrivar, Mohammadi, Meysamie, Firoozikhojastefar, Irani (2020): A study on sexual functioning in adults with attention-deficit/hyperactivity disorder. Perspect Psychiatr Care. 2020 Feb 11:10.1111/ppc.12480. doi: 10.1111/ppc.12480. PMID: 32043624.

  4. Melis, Sanna, Argiolas (2022): Dopamine, Erectile Function and Male Sexual Behavior from the Past to the Present: A Review. Brain Sci. 2022 Jun 24;12(7):826. doi: 10.3390/brainsci12070826. PMID: 35884633; PMCID: PMC9312911. REVIEW

  5. Turner D, Gregório Hertz P, Biedermann L, Barra S, Retz W (2025): Paraphilic fantasies and behavior in attention deficit/hyperactivity disorder and their association with hypersexuality. Int J Impot Res. 2025 Mar;37(3):251-257. doi: 10.1038/s41443-024-00891-w. PMID: 38637719; PMCID: PMC11981911.

  6. de Oliveira L, Rham-Knigge R, Ford J, Coleman E, Mark K (2025): Sexual Boredom Inventory (SBI): Development and Initial Validation. J Sex Marital Ther. 2025;51(1):74-84. doi: 10.1080/0092623X.2024.2442944. PMID: 39703065; PMCID: PMC11779542.