1. Betroffene Gehirnregionen bei ADHS¶
ADHS geht mit Veränderungen in verschiedenen Gehirnregionen einher:
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PFC
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Basalganglien
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Striatum
- Nucleus caudates
- Thalamus
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Cerebellum
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Corpus Callosum
- Größte Verringerungen der grauen Substanz in:
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frontal-parietale Hirnregionen
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Corpus callosum
- Limbisches System
Dieses umfasst:
- Corpus mamillare
- Gedächtnisbildung, im Rahmen des Papez-Neuronenkreises
- Sexualfunktionen
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Gyrus cinguli
- Vegetative Funktionen
- psycho- und lokomotorischer Antrieb
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Gyrus parahippocampalis
- leitet vor allem Informationen aus dem limbischen System an den Hippocampus
- Gedächtnisbildung
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Hippocampus
- Gedächtnisbildung
- vegetative und emotionale Funktionen
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Amygdala
- Speicherung von emotional bewegenden Gedächtnisinhalten
- vegetative und sexuelle Funktionen
- Signifikante Hypoaktivierung in:
- mehrere frontal-temporale Hirnregionen
- rechtem postzentralen Gyrus
- linke Insula
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Corpus callosum
Eine Analyse von Autounfällen bei Nichtbetroffenen fand eine Korrelation zwischen Percuneusvolumen und Autounfällen, die sich mit Veränderungen bei ADHS decken.
Eine Studie fand bei Erwachsenen mit ADHS keine strukturelle Veränderung in der Substantia nigra.
2. Volumenveränderungen in Gehirnregionen bei ADHS¶
Bei ADHS ist das Volumen verschiedener Gehirnregionen verändert.
Bei Kindern mit ADHS fanden MRT-Studien im Vergleich zu Nichtbetroffenen
- Gesamthirngesamtvolumen verkleinert
- Caudates verkleinert
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PFC
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Anteriorer PFC verkleinert
- Orbitaler PFC verkleinert, überwiegend rechts
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Inferiore dorsolaterale frontale Region
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Basalganglien
- rechts
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Striatum verkleinert
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Striatum vergrößert
- Globus pallidus verkleinert
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Cerebellum
- Central vermis area, überwiegend rechts verkleinert
- ACC
- verkleinert, meist unteraktiviert
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Corpus callosum
- Splenium (Balkenwulst) verkleinert
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Putamen verändert
- Thalamus verändert bzw. hypoaktiv
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Amygdala
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bilateral verkleinert
- kleineres bilaterales Amygdala-Volumen korrelierte mit Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität
Schlussfolgerungen: Individuelle Unterschiede im Amygdala-Volumen tragen sinnvoll zur Einschätzung des ADHS-Risikos und -Schweregrads bei. Aus konzeptioneller Sicht steht die Beteiligung der Amygdala im Einklang mit verhaltensbezogenen und funktionellen Bildgebungsdaten zur atypischen Verstärkungssensitivität als Marker für das ADHS-Risiko. Methodisch gesehen zeigen die Ergebnisse, dass die Referenzstandards für Hirntafeln angewandt werden können, um klinisch informative, gezielte und spezifische Fragen zu beantworten.
Die Effekte seien bei Jungen stärker als bei Mädchen, was mit dem Polygenic Risk Score korreliere.
Eine Studie untersuchte strukturelle und funktionelle Veränderungen im glymphatischen System bei behandlungsfreien Kindern mit ADHS. Das zerebrale Volumen der Virchow-Robin-Räume war um 32 % erhöht (15,514 mL vs. 11,702 mL).
Interessanterweise scheinen bei ADHS die ab einem Alter von 60 Jahren üblicherweise zu beobachtenden Verkleinerungen von bestimmten Gehirnregionen geringer ausgeprägt zu sein. Dies wird als neuroprotektiver Faktor von ADHS diskutiert. Es ist offen, ob dies eine Folge von ADHS selbst oder der Stimulanzienbehandlung sei.
Signifikant sei dies insbesondere in Gehirnregionen, in denen ein starker Volumenverlust mit kognitiver Beeinträchtigung und Alzheimer korreliert, wie Hippocampus und Amygdala.
3. Weisse Substanz¶
Die weiße Substanz besteht überwiegend aus Neuronen und ihren Fortsätzen (Axonen). Myelinisierte Axone sehen weiss aus.
Eine Metaanalyse an 129 Studien mit n = 6739 ADHS-Betroffenen und n = 6476 Kontrollen fand zur weissen Substanz bei ADHS auffällige Veränderungen in den posterioren interhemisphärischen Verbindungen, die für die bei ADHS betroffenen kognitiven und motorischen Funktionen zuständig sind:
- verringerte fraktionelle Anisotropie (FA) in den Projektions-, Kommissur- und Assoziationsbahnen, die mit dem Schweregrad der Symptome und kognitiven Defiziten korrelierte
- konsistent verringerte FA im Splenium und im Corpus callosum, die sich bis zum Cingulum erstreckt
- geringere FA fand sich nur im Alter, nicht bei Kindern
- möglicherweise aufgrund der späten Entwicklung der kallosalen Fasern
Bei ADHS fand sich eine signifikant erhöhte Axiale Diffusivität im rechten Cingulum-Bündel.
Kinder mit ADHS zeigten mikrostrukturelle Veränderungen und Veränderungen in den weitreichenden Verbindungen der Weissen Masse (Weiße Substanz). Lernprobleme und Hyperaktivität/Impulsivität korrelierten negativ mit dem mittleren FA-Wert in der rechten Forceps major (dem okzipitalen Teil der Fasern des Corpus callosum), dem linken IFOF und dem linken Genu capsulae internae.
Der Graue-Substanz-Weiße-Substanz-Gewebekontrast (GWC) war bei 8 bis 15 Jahre alten Jungen mit ADHS erhöht, innerhalb der
- lingualen Regionen bilateral
- insulären Regionen bilateral
- transversalen temporalen Regionen links
- diese Erhöhung korrelierte mit verringerter Unaufmerksamkeit
- parahippocampalen Regionen rechts
- pericalcarinen Regionen rechts
Die kortikale Dicke war unverändert.
4. Myelinisierung¶
Eine Studie fand keine Unterschiede bei ADHS hinsichtlich des Myelin-Gehalts im gesamten Gehirn.
ADHD korrelierte mit
- einem höheren mittleren Myelin-Volumenanteil in
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bilaterale innere Capsula
- äußere Capsula
- Corona radiata
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Corpus callosum
- linkes Tapetum
- linke superiore fronto-okzipitale Faszie
- rechtes Cingulum