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Neurotransmitter bei ADHS

Inhaltsverzeichnis

Neurotransmitter bei ADHS

Die Botenstoffe im Gehirn, die Informationen an chemischen Synapsen zwischen Nerven übertragen, heißen Neurotransmitter. Beispiele sind Dopamin, Noradrenalin, Serotonin, Acetylcholin, GABA und Glutamat. Die unterschiedlichen Neurotransmitter haben verschiedene Aufgaben im Gehirn und überlappen sich in ihrer Wirkung.

Neurotransmitter bewirken durch ihre Ausschüttung an den Synapsen eine schnelle Reizweiterleitung bzw. -blockade zwischen Neuronen (Nervenzellen). Andere Botenstoffe, die Hormone, vermitteln ihre Wirkung langsam über die Blutbahn an weiter entfernte Zielorgane (z.B. Cortisol, Estradiol, Insulin, Testosteron, Thyroxin, Triiodthyronin). Manche Stoffe wirken zugleich als Neurotransmitter als auch als Hormone (z.B. Noradrenalin, Serotonin, Histamin).

1. Nervenzellen (Neuronen)

Eine Nervenzelle besteht aus dem Zellkörper und bis zu 200.000 verbindenden Ausläufern zu anderen Nervenzellen. Sendende Verbindungen heißen Axone, empfangende Ausläufer Dendriten. Axone können bis zu 1 Meter lang sein (z.B. von Nervenzellen im Rückenmark zu Muskelzellen in den Fingerspitzen).

Empfängt ein Neuron Signale von anderen Nervenzellen, die stärker sind als ein bestimmter Schwellenwert, wird das Neuron aktiviert. Es feuert einen elektrischen Impuls (das Aktionspotenzial) mit bis zu 120 Meter / Sekunde über das Axon zur Synapse. Je dicker das Axon, und je besser von Gliazellen (im Gehirn Oligodentrozyten, peripher Schwannzellen) ummantelt (myelinisiert), desto schneller ist die elektrische Weiterleitung.

2. Informationsfluss durch Neurotransmitter

Neurotransmitter werden in den Nervenzellen gebildet und, in Vesikel eingeschlossen, vor allem durch die Mikrotubuli über die Axone in den Nervenfasern bis zu den Synapsen transportiert. Die Transportgeschwindigkeit in den Axonen ist je nach Substanz unterschiedlich und beträgt bis zu 5 µm/Sekunde = ca. 40 cm / Tag.1

Elektrische Impulse der sendenden Zelle setzen an der Präsynapse (der sendenden Synapse) Neurotransmitter aus Vesikeln (Vorratsbehälter für Neurotransmitter) frei. Die Vesikel geben den Neurotransmitter in den synaptischen Spalt, der zwischen 20 und 40 nm breit ist2, aus dem er auf der anderen Seite, vom Beginn des empfangenden Nervs (der Postsynapse) mittels Rezeptoren aufgenommen wird, indem der Neurotransmitter an ihnen andockt (Schlüssel-Schloss-Prinzip).

Nervenzellen können bis zu 500-mal/Sekunde feuern. Ist eine ausreichende Menge der für einen Neurotransmitter vorhandenen Rezeptoren besetzt, entstehen in der Empfängerzelle an der Postsynapse viele postsynaptische Potenziale, die sich summieren. Überschreitet das Aktionspotenzial den erforderlichen Schwellwert, wird ein elektrischer Impuls ausgelöst, der vom Axon der empfangenden Nervenzelle weitertransportiert wird.

Danach wird der kostbare Neurotransmitter von den Rezeptoren wieder in den synaptischen Spalt zurückgegeben und von dort aus durch Transporter der Präsynapse wieder in die sendende Zelle aufgenommen. Das ist jene Wiederaufnahme, die durch Medikamente gehemmt werden kann. Der wiederaufgenommene Neurotransmitter wird in den Vesikeln für die nächste Verwendung eingelagert oder durch abbauende Enzyme verstoffwechselt (z.B. Dopamin und Noradrenalin durch Monoaminoxidase und COMT).

Neurotransmitter geben nicht entweder nur aktivierende oder inhibierende (hemmende) Informationen weiter. Dopamin und Serotonin sind zwar überwiegend bei der Weitergabe inhibierender Informationen beteiligt. Doch bei Dopamin sind die D1 und D5 Rezeptoren aktivierend (exzitatorisch) wirksam (sie aktivieren das Enzym Adenylylcyclase), während die D2, D3 und D4 Rezeptoren inhibierend sind (sie hemmen das Enzym Adenylylcyclase).

Eine optimale Informationsübertragung zwischen Gehirnsynapsen erfordert einen optimalen Pegel der beteiligten Neurotransmitter. Ein zu geringer Neurotransmitterspiegel führt zu nahezu identischen Folgen der Signalübertragungsstörung wie ein zu hoher Neurotransmitterspiegel (Inverted-U-Theorie).345

3. Neurotransmitter bei ADHS

Bei ADHS ist die Informationsübertragung im Gehirn vornehmlich in Bezug auf die Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin beeinträchtigt.

Dopamin und Noradrenalin sind auch an Stressreaktionen beteiligt.
Akuter Stress erhöht den Dopamin- und Noradrenalinspiegel im PFC.6 Entscheidend ist jedoch, um welche Art von Stress es sich handelt.7 Chronischer Stress kann mit einer Verringerung des Dopamin- und Noradrenalinspiegels einhergehen.

Vor dem Hintergrund, dass Dopamin und andere Neurotransmitter bei ADHS und Stress nicht global im gesamten Gehirn erhöht oder erniedrigt sind, erscheinen die noch heute erörterten Forschungsansätze,8 die das Gesamtdopaminniveau im Urin messen, nicht mehr unbedingt zielführend.

Stimulanzien und Atomoxetin erhöhen den Dopaminspiegel im PFC und Striatum. Eine Überdosierung kann dazu führen, dass der Dopaminspiegel genauso weit vom Optimum entfernt ist wie zuvor. Deshalb ist eine sehr langsame Aufdosierung sinnvoll.

Das Zusammenspiel zwischen Neurotransmittern und Stress und die Auswirkungen von optimalen, überhöhten und verringerten Neurotransmitterspiegeln erläutern wir ausführlich unter Neurotransmitter bei Stress.

Zu den einzelnen Neurotransmittern siehe die folgenden Unterkapitel:

Eine vertiefende und immer noch übersichtliche Darstellung der Neurotransmittersysteme findet sich bei Hinghofer-Szalkay unter physiologie.cc910


  1. Munk (2008): Taschenlehrbuch Biologie: Biochemie – Zellbiologie. Seite 453

  2. Böhm (2020): Neurotransmission und Neuromodulation, S. 113, 114 in “Mediatoren und Transmitter”, in Freissmuth, Offermans, Böhm (2020): Pharmakologie und Toxikologie – Von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie, 3. Aufl.

  3. Cools, D’Esposito (2011): Inverted-U shaped dopamine actions on human working memory and cognitive control; Biol Psychiatry. 2011 Jun 15; 69(12): e113–e125. doi: 10.1016/j.biopsych.2011.03.028; PMCID: PMC3111448; NIHMSID: NIHMS286132;

  4. Levy (2009): Dopamine vs Noradrenaline: Inverted-U Effects and ADHD Theories; Australian & New Zealand Journal of Psychiatry, Vol 43, Issue 2, 2009

  5. Weber, Conlon, Stutt, Wendt, Ten Eyck, Narayanan (2022): Quantifying the inverted U: A meta-analysis of prefrontal dopamine, D1 receptors, and working memory. Behav Neurosci. 2022 Apr 7. doi: 10.1037/bne0000512. Epub ahead of print. PMID: 35389678.

  6. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2006): Der Mensch im Stress; Psyche, Körper, Moleküle; Elsevier Spektrum (heute: Springer), Seite 89

  7. Steckler, Kalin, Reul (2005): Handbook of Stress and the Brain, Teil 1; Elsevier, Seite 624 f

  8. Functional Roles of Norepinephrine and Dopamine in ADHD : Dopamine in ADHD; Medscape

  9. [Hinghofer-Szalkay: Humoral-neuronale Steuerung und Kontrolle von Organsystemen: Azetylcholin, Amine, Purine, Peptide, lokale Mediatoren]

  10. Hinghofer-Szalkay: Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert. Humoral-neuronale Steuerung und Kontrolle von Organsystemen. Synapsen.