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Amlodipin bei ADHS

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Amlodipin bei ADHS

Amlodipin wurde in ersten hypothetischen Studien als mögliches ADHS-Medikament erwähnt.1 (Einige der Autoren sind Gesellschafter oder Mitarbeiter eines Unternehmens, das Amlodipin als ADHS-Medikament erforscht.)
Amlodipin bewirkte:1 (Einige der Autoren sind Gesellschafter oder Mitarbeiter eines Unternehmens, das Amlodipin als ADHS-Medikament erforscht.)

  • bei SHR (die erhöhte Hyperaktivität, Impulsivität und Aufmerksamkeitsprobleme zeigen)
    • Hyperaktivität verringert
  • bei adgrl3.1-/- Zebrafischen (die erhöhte Hyperaktivität und Impulsivität zeigen)2
    • Hyperaktivität verringert
    • Impulsivität verringert

Etablierte ADHS-Medikamente verringerten ebenfalls Hyperaktivität und Impulsivität bei adgrl3.1-/- Zebrafischen:

  • Methylphenidat2
  • Atomoxetin32
  • Guanfacin3
  • Clonidin3

Clonidin, Atomoxetin und Guanfacin veränderten die Schlafdynamik über mehreren Parameter bei adgrl3.1-/- Zebrafischen während der Nacht erheblich.3

Neben Amlodipin behoben auch Aceloclofenac, Doxazosin und Moxonidin die Hyperaktivität von adgrl3.1-Mutanten und beeinträchtigen die Schlafparameter auf gleiche Weise wie Atomoxetin.3 Anders als Amlodipin sind weder Aceloclofenac noch Doxazosin oder Moxonidin starke FIASMA noch überhaupt als FIASMA bekannt.4

Amlodipin ist ein Dihydropyridin und ein L-Typ-Kalziumkanalblocker.5
Typischer Anwendungsfall ist die Behandlung von

  • arterieller Hypertonie (arterieller Bluthochdruck)
  • chronisch stabiler und vasospastischer Angina

Die L-Typ-Kalziumkanäle Cav1.2 und Cav1.3 regulieren den Kalziumeinstrom in Neuronen und sind wichtig für die normale Entwicklung, Funktion und Plastizität des Gehirns.3
Sie werden von den Genen CACNA1C und CACNA1D kodiert. CACNA1C ist ein ADHS-Kandidatengen. Mehr hierzu unter CACNA1C, Calcium Voltage-Gated Channel Subunit Alpha1 C im Beitrag Gene als genetische Kandidaten bei ADHS mit plausiblem Wirkweg auf ADHS.

CACNA1C kodiert den L-Typ-Kalziumkanal (LTCC) Cav1.2. LTCCs sind für eine normale dopaminerge Neurotransmission zwischen VTA und Nucleus accumbens erforderlich. Ein vermindertes CACNA1C-Niveau schwächt die Funktion des mesolimbischen Dopaminsystems ab: Bei Mäusen mit CACNA1C-Haploinsuffizienz war die Sub-Sekunden-Frequenz-Dopamin-Freisetzung unempfindlich gegenüber einer DAT-Hemmung. Die konstitutive CACNA1C-Haploinsuffizienz bewirkte verringerte Hypermotorik nach akuter Gabe DAT-spezifischer Stimulanzien. Die lokomotorische Sensibilisierung dieser Mäuse gegenüber dem DAT-Antagonisten GBR12909 war schwächer als bei Wildtyp-Mäusen. Die Sensibilisierung auf GBR12909 war bei Mäusen mit reduziertem CACNA1C selektiv im VTA, aber nicht im Nucleus accumbens abgeschwächt. CACNA1C scheint die präsynaptische Funktion des mesolimbischen Dopamin-Systems zu modifizieren. Da die identifizierten Einzelnukleotid-Polymorphismen in einer intronischen (nicht proteinkodierenden, “in Intron”) Region von CACNA1C zu finden sind, dürfte die genetische Risikobeeinflussung wahrscheinlich über veränderte CACNA1C-Spiegel in bestimmten Hirnregionen erfolgen.6 Eine durch hohe Dosen d-Amphetamin ausgelöste Hypermotorik ist bei Mäusen, denen eine Kopie von CACNA1C fehlt, abgeschwächt.7
Eine Untersuchung fand dieses Gen als einen der 51 wahrscheinlichsten Genkandidaten für ADHS.8
Zu CACNA1D fanden wir bislang keine Verbindung zu ADHS.

Amlodipin

  • überwindet die Blut-Hirn-Schranke
  • reduziert Aktivierung des Großhirns (Neocortex, Basalganglien, Hippocampus, Amygdala, olfaktorische Zentren)

Amlodipin erreicht nach oraler Gabe erst nach 6 bis 12 Stunden seine maximale Plasmakonzentration und hat eine Halbwertszeit von 30 bis 50 Stunden.
Abbau erfolgt in der Leber vor allem über CYP3A4 zu inaktiven Metaboliten.

Amlodipin ist verschreibungspflichtig und als Generikum erhältlich.

Amlodipin zeigte vergleichbare Stoffwechseleffekte wie etablierte ADHS-Medikamente in Bezug auf Aminosäuren und Lipide, insbesondere Glycin, Serin, Threonin, Phenylalanin, Lysophosphatidylcholin und Sphingomyelin.9
Phenylalanin ist ein Prodrug von Dopamin.

Studien zur Wirkung von Amlodipin auf ADHS bei Menschen finden sich bislang nicht.
Es gibt Studien, die eine Korrelation von ADHS mit erhöhten ASM-Spiegeln berichten. ASM kann durch ein starkes FIASMA wie Amlodipin verringert werden. Allerdings gibt es etliche andere starke FIASMA, von denen bisher keines als ADHS-Medikament aufgefallen ist. Amlodipin wirkt jedoch auch als Blutdrucksenker. Vor dem Hintergrund, dass das Haupt-Modelltier für ADHS, die SHR, im Alter stark erhöhten Blutdruck zeigt, ist eine Erforschung von Amlodipin als ADHS-Medikament plausibel.

In Foren berichten Teilnehmer mit ADHS, die bereits Amlodipin genommen hatten, nur selten eine Verbesserung ihrer ADHS-Symptome, die zudem schwächer war als bei konventionellen ADHS-Medikamenten.10 Von 23 Meldungen hierzu zählten wir 21 negative und zwei positive Berichte (Ende April 2025). Unabhängig von der Wirkung auf ADHS und Blutdrucksenkung wurde eine stark sedierende Wirkung (weniger beeinträchtigend bei abendlicher Einnahme) und etliche schwerwiegende Nebenwirkungen berichtet.

Vor dem Hintergrund der berichteten positiven Wirkung auf mehrere dopaminerge Stoffwechselpfade und der zugleich blutdrucksenkenden Wirkung könnte eine bevorzugte Verordnung als Blutdrucksenker bei ADHS-Patienten erwogen werden, wenn ohnehin ein Blutdrucksenker zwingend benötigt wird.
In Anbetracht der bekannten Nebenwirkungen dürfte eine Verwendung als ADHS-Medikament bei Betroffenen ohne eine der bereits bestehenden Indikationen (arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit (KHK), chronisch stabile Angina pectoris, Prinzmetal-Angina)11 jedoch wenig ratsam sein.

Stoffwechselwege:
Methylphenidat veränderte bei adgrl3.1-Zebrafischen insbesondere den d-Glutamin- und d-Glutamat-Stoffwechsel und den Phenylalanin-Stoffwechsel.9

1. Lysophosphatidylcholine (LPC)

Lysophosphatidylcholine (LPC, lysoPC, Lysolecithine) sind Phosoholipide. Sie entstehen durch die Hydrolyse von Phosphatidylcholin mittels Phospholipase A2 unter Verbrauch von S-Adenosylmethionin (SAM).

  • starke Zytotoxine
  • beteiligt an der Entstehung von
    • entzündlichen Erkrankungen
      • entzündungsfördernd
      • können die Migration von Lymphozyten und Makrophagen induzieren
      • können die Produktion entzündungsfördernder Zytokine erhöhen
      • können oxidativen Stress hervorrufen
    • Arteriosklerose
    • neuropathischen Schmerzen
      • können demyelinisierende Prozesse in Nervenbahnen induzieren
        • werden zur Generierung eines Multiple Sklerose Tiermodells verwendet.12
  • können Immunsystem stimulieren
  • können Differenzierung von Monozyten zu dendritischen Zellen fördern
  • erhöht bei Parkinson1314
  • möglicherweise an den Negativsymptomen von Schizophrenie beteiligt1516

Lysophosphatidylcholine wirken hemmend auf die Dopamin-Neurotransmission, indem sie

  • den Dopamin-Transporter hemmen14
  • die Bindung der Dopamin-D1- und -D2-Rezeptoren beeinträchtigen14
  • die Dopamin-Umsatzrate verringern14131314
  • Dopaminspiegel erhöhen1314

Lysophosphatidylcholine verringerten die motorischen Aktivitäten und den Dopaminumsatz und erhöhten den Dopaminspiegel bei Ratten.1314
Vor diesem Hintergrund ist eine Verringerung von Lysophosphatidylcholinen bei ADHS erstrebenswert.

ADHS.Medikamente und mit diesen verwandte Wirkstoffe verringern LPC:

  • Guanfacin: verringerte LPC (14:0) und LPC (22:6)9
  • Atomoxetin: verringerte LPC (14:0), LPC (18:1), LPC (18:2), LPC (20:1), LPC (20:4), LPC (22:1), LPC (22:6) bei adgrl3.1 Zebrafischen im Vergleich zu unbehandelten adgrl3.1 Zebrafischen und verringerte LPC (18:2), LPC (20:1), LPC (22:1) bei adgrl3.1 Zebrafischen im Vergleich zu Wildtyp-Zebrafischen9
  • Methylphenidat: verringerte LPC (22:6) signifikant bei adgrl3.1 Zebrafischen9
  • Amlodipin: verringerte LPC bei adgrl3.1 Zebrafischen9
  • Dextroamphetamin verringerte LPC17
  • Kokain verringerte LPC im Nucleus accumbens.18

1-oleoyl-Lysophosphatidylcholin bindet an den GPR-119-Rezeptor.19

2. S-ASM, Sphingomyeline und Ceramid

Die saure Sphingomyelinase (ASM, Sphingomyelin-Phosphodiesterase 1, codiert durch das ADHS-Kandidatengen SMPD1) katalysiert Sphingomyelin in der Zellmembran zu Ceramid und Phosphorylcholin. Ceramid ist ein Second messenger. Aus Ceramid werden alle weiteren Sphingolipide synthetisiert. Erhöhte S-ASM-Serumspiegel korrelieren daher mit verringerten Sphingolipid-Serumspiegeln.

Studien an ADHS-Tiermodellen fanden Marker für den Cholesterinstoffwechsel, die mit Hyperaktivität und Veränderungen in der Lipidzusammensetzung des Gehirns korrelierten, wie veränderter Phospholipide und Sphingolipide, die für die Bildung der Myelinscheide und die neuronale Signalübertragung wichtig sind.20 Die SHR zeigte abweichende Werte von 3-Hydroxymethylglutarsäure, 3-Phosphoglycerinsäure, Adenosinmonophosphat, Cholesterin, Lanosterin und o-Phosphoethanolamin im Vergleich zu Wistar Kyoto Ratten. MPH bewirkte, das 3-Hydroxymethylglutarsäure und Cholesterin sich den Werten der Wistar Kyoto anglichen.
Bei SHR war die Aktivität der 3-Hydroxy-3-Methyl-Glutaryl-CoA-Reduktase und die Expression von Sterol regulatory element-binding protein-2 und des ATP-binding cassette transporter A1 im PFC verringert. MPH regulierte Sterol regulatory element-binding protein-2 und ATP-binding cassette transporter A1 herauf.

Aktivierung von ASM, Funktion von Ceramid

L-ASM befindet sich im Lysosom und wird dort durch elektrostatische Kräfte an die innere Membran gebunden.21
ASM kann durch verschiedene Reize aktiviert werden, z. B. durch reaktive Sauerstoffspezies, Todesrezeptoren, Bestrahlung, Stressreize, Infektionen, Caspase-7 oder Proteinkinase C delta (PKCδ).21 Die Aktivierung erfolgt, indem die lysosomale Enzymform L-ASM via Membranfusion an die äußere Zellmembran befördert wird und dort die sekretorische Funktion von S-ASM übernimmt. Stressoren erhöhen mithin S-ASM und verringern L-ASM.22
Auch psychischer Stress korrelierte mit niedrigerem peripherem Sphingomyelin bei Ziegen23, was aus erhöhtem S-ASM resultieren kann.

Das aktive S-ASM baut Sphingomyelin unter Bildung von Ceramid ab.
Die via ASM erzeugten Ceramidmoleküle assoziieren miteinander und bilden Mikrodomänen, die zu großen, mit Ceramid angereicherter Membranplattformen (“Lipid rafts”) verschmelzen. Diese Plattformen fangen selektiv bestimmte Proteine ein oder schließen sie aus und dienen somit als Sortiereinheit für Rezeptoren und Signalmoleküle, z.B. Kinase-Suppressor von Ras (KSR), Ceramid-aktivierte Proteinphosphatase (CAPP), Proteinkinase C (PKC)-alpha und -delta, PKC-epsilon, PKC-zeta, c-Raf-1, Phospholipase A2, Cathepsin D, Inhibitor 2 der Proteinphosphatase 2A (I2PP2A), leichte Kette 3 beta (LC3B-II). Der Einschluss von Proteinen in Rafts oder ihr Ausschluss aus Rafts kann Signalprozesse erleichtern und/oder verstärken. Über diesen Mechanismus sind Ceramid-angereicherte Plattformen an vielen zellulären Funktionen wie Apoptose, Autophagie, Entzündung und Seneszenz beteiligt.21

Funktionelle Inhibitoren der sauren Sphingomyelinase (FIASMA) hemmen ASM, indem sie den lysosomalen Abbau von ASM fördern.21
Schwache Basen wie die FIASMA Amitriptylin oder Desipramin können passiv durch Membranen diffundieren. In sauren intrazellulären Kompartimenten wie dem Lysosom werden sie protoniert, wodurch sie die Membran nicht mehr passieren und dadurch das Lysosom nicht mehr verlassen können. Die Anreicherung von Antidepressiva wie Amitriptylin oder Desipramin im Lysosom beeinträchtigt die Bindung von ASM an die innere Membran des Lysosoms. ASM löst sich dadurch von der Membran und wird durch proteolytischen Abbau inaktiviert.21

S-ASM verringert extrazelluläres Dopamin.
Erhöhtes ASM und daraus resultierend erhöhtes Ceramid korrelierte mit verringertem basalem extrazellulärem Dopamin im Nucleus accumbens und im dorsalen Hippocampus. Serotonin- und Noradrenalin-Spiegel blieben wenig verändert. Zugleich verstärkte die Überexpression von ASM die Dopamin-Reaktion auf Alkohol und reduzierte die Noradrenalin-Reaktionen.24

2.1. S-ASM, Sphingomyelin und Ceramid bei ADHS

Eine Studie fand hochsignifikant erhöhte S-ASM-Spiegel im Serum von Erwachsenen mit ADHS. Die Erhöhung korrelierte deutlich mit der ADHS-Symptomschwere bei unbehandelten wie bei und mit MPH oder Atomoxetin behandelten ADHS-Betroffenen sowie mit der Stärke von Schlafstörungen. (Nur) bei Männern verringerte MPH den S-ASM-Serum-Spiegel, jedoch nicht auf den Wert Nichtbetroffener.22

S-ASM benötigt Zink

S-ASM benötigt zusätzlich exogen zugeführtes Zink, um aktiviert zu werden.25 Vor diesem Hintergrund fragen wir uns, wie ein S-ASM-Überschuss (iSv Überaktivität) mit dem bei ADHS häufig beobachteten Zinkmangel einhergehen kann, oder ob dieser möglicherweise hieraus resultiert. Da Zink-Gabe bei ADHS als vorteilhaft beschrieben wurde, scheint der Zusammenhang anders zu sein.

Bei Kindern mit ADHS fanden sich um 20-30 % verringerte Sphingolipid-Serumspiegel:26

  • Sphingomyeline C16:0, C18:0, C18:1, C24:1
    • verringerte Sphingomyelinspiegel im Serum identifizierten ADHS-Betroffene mit 79 % Sensitivität und 78 % Spezifität.
  • Ceramid C24:0
  • Desoxyceramid C24:1

Grobmotorikprobleme bei ADHS (Gangart, Gleichgewicht, motorische Persistenz, Koordination) korrelierten mit erhöhten Sphingomyelin und Ceramid-Plasmaspiegeln.27

Etliche Hinweise deuten darauf hin, dass ADHS-Medikamente und die mit ihnen verwandten Wirkstoffe S-ASM verringern (S-ASM wandelt Sphingomyelin in Ceramid um):

  • (Nur) bei Männern mit ADHS verringerte MPH den S-ASM-Serum-Spiegel, jedoch nicht auf den Wert Nichtbetroffener.22
  • Methylphenidat erhöhte Sphingomyelin bei adgrl3.1 Zebrafischen9
  • Guanfacin erhöhte Sphingomyelin bei adgrl3.1 Zebrafischen9
  • Kokain verringerte das Sphingolipid Ceramid im Nucleus accumbens18

Amlodipin ist ein FIASMA (Funktioneller Hemmer der S-ASM)11, erhöht also mittelbar Sphingomyelin. Vor dem Hintergrund verringerter Sphingomyelin-Spiegel bei ADHS wäre eine positive Wirkung von Amlodipin insoweit schlüssig. Indes gibt es viele Medikamente, die als FIASMA wirken, und von denen keines als besonders wirksames ADHS-Medikament bekannt ist. Anders als Amlodipin sind weder Aceloclofenac noch Doxazosin, Moxonidin oder Atomoxetin, die alle ebenfalls bei adgrl3.1-/- Zebrafischen die erhöhte Hyperaktivität verringern, FIASMA.4
Wenn FIASMA jedoch dazu beitragen, den extrazellulären Dopaminspiegel zu erhöhen, könnten sie als unterstützende Medikation in Betracht gezogen werden, auch wenn dies nicht der zentrale Wirkpfad zur Behebung von ADHS-Symptomen sein dürfte.

2.2. S-ASM, Sphingomyelin und Ceramid bei weiteren Störungsbildern

Wenn ADHS jedoch alleine durch eine Verringerung von S-ASM zu behandeln wäre, müssten sich etliche Medikamente, die als FIASMA (ASM-Hemmer) wirken, wie z.B. Maprotilin, Fluoxetin, Nortriptylin, Imipramin, Trimipramin, Tamoxifen oder Amitriptylin als wirksam gezeigt haben. Dies ist jedoch leider nur begrenzt der Fall (berichtet von Nortriptylin und Imipramin). Wir vermuten daher, dass die Erhöhung von ASM bei ADHS und die Erhöhung von Sphingomyelin durch die bei ADHS hochwirksamen Medikamente (MPH, Amphetamine, Guanfacin, Atomoxetin) eher eine Folge einer anderen Wirkung ist.

Dagegen spricht weiter, dass die ASM-Aktivität bei zahlreichen weiteren Störungsbildern nachgewiesen werden konnte22, die jedoch - bis auf Alkoholsucht und Depression - nicht durch eine erhöhte Komorbidität zu ADHS auffallen:

  • Atherosklerose
  • chronische Herzinsuffizienz
  • Diabetes mellitus
  • Morbus Wilson
  • Cystische Fibrose
  • Harnblasenkarzinom
  • nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom
  • Infektionskrankheiten
  • Sepsis
  • Multiple Sklerose
  • Alzheimer
  • Parkinson
    • Das Membranlipid Sphingomyelin ist bei Parkinson verringert.28 Eine Studie zu idiopathischem Parkinson fand eine signifikante Korrelation niedrigerer Sphingomyelin-Ausgangswerte mit einem schnelleren Rückgang der DAT-Bindungswerte in Caudat und Putamen.29
  • Alkoholabhängigkeit
  • Depression
    • Eine S-ASM-Überfunktion wurde bei Depression gefunden. Manche Antidepressiva wirken möglicherweise vor allem aufgrund der Hemmung der S-ASM (FIASMA) antidepressiv.
    • Mehr hierzu unter (Manche) Antidepressiva wirken via S-ASM-Hemmung (FIASMA) im Beitrag Depression und Dysphorie bei ADHS.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Stärke der ASM-Hemmung (die FIASMA-Stärke) entscheidend ist.
Als die am stärksten wirksamen FIASMA wurden genannt:4

Wirkstoff, ASM-Verringerung, Inkubationszeit in Stunden
Emetin: 99,6 %, 24 (Alkaloid, löst Brechreiz aus)
Tamoxifen: 95,9 %, 6 (Krebsmittel)
Trifluoperazin: 91,7 %, 6 (Antipsychotikum)
Perhexilin: 91,5 %, 0,5 (Arzneistoff zur Behandlung einer therapierefraktären Angina pectoris. In der EU nicht zugelassen)30
Cepharanthin: 90,8 %, 6 (Alkaloid)
Thioridazin: 89,6 %, 6 (Antipsychotikum)
Amitriptylin: 88,3 %, 0,5 (Antidepressivum)
Amlodipin: 88 %, 0,5 (Blutdrucksenker)
Sertindol: 88 %, 6 (atypisches Neuroleptikum)
Sertralin: 87,7 %, 0,5 (Antidepressivum)
Clemastin: 87,4 %, 24 (Antihistaminikum)
Benztropin: 87,3 %, 0,5 (Anticholinergikum)
Protriptyline: 87,3 %, 0,5 (Antidepressivum)
Clomiphene: 87 %, 0,5 (Ovulationsstimulator)
Fluoxetin: 87 %, 0,5 (Antidepressivum)
Nortriptylin: 86,7 %, 0,5 (Antidepressivum)
Maprotilin: 86,5 %, 0,5 (Antidepressivum)
Trimipramin: 86,2 %, 0,5 (Antidepressivum)
Astemizol: 85,7 %, 6 (Antihistaminikum)
Amiodaron: 85,5 %, 24 (Antiarrhythmikum)
Desipramin: 84,4 %, 0,5 (Antidepressivum)
Tomatidin: 84,2 %, 24 (Alkaloid)
Pimethixen: 83,5 %, 24 (Antihistaminikum, Anticholinergikum)
Fluphenazin: 83,5 %, 0,5 (Antipsychotikum)
Flupenthixol: 81,8 %, 0,5 (Neuroleptikum)
Dicyclomin: 81,4 %, 24 (Anticholinergikum)
Lofepramin: 80,8 %, 24 (Antidepressivum)

Das Antidepressivum Venlafaxin hat dagegen nur eine minimale FIASMA-Wirkung (4,9 %, 0,5 h).


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  30. DocCheck Flexikon: Perhexilin

Diese Seite wurde am 02.05.2025 zuletzt aktualisiert.