Das Immunsystem
Das Immunsystem besteht aus verschiedenen Elementen: dem zellulären und dem humoralen Immunsystem, dem Komplementsystem, der angeborenen unspezifischen Immunantwort und der adaptiven spezifischen (früher: erworbenen) Immunantwort.
Das zelluläre Immunsystem besteht aus Zellen wie Makrophagen, dendritischen Zellen und natürlichen Killerzellen, während das humorale Immunsystem aus nicht-zellulären Bestandteilen von Körperflüssigkeiten besteht.
Das Komplementsystem besteht aus Proteinen im Blut, die bei der Bekämpfung von Pathogenen helfen.
Die angeborene Immunantwort ist schnell und unspezifisch und wird von Zellen wie Makrophagen und natürlichen Killerzellen vermittelt.
Die erworbene Immunantwort ist spezifisch und wird von B- und T-Lymphozyten vermittelt.
Glucocorticoide können die Immunantwort beeinflussen, indem sie die Produktion von Zytokinen modulieren. Auf diese Weise kann starker oder lang anhaltender Stress zu einem Ungleichgewicht der Immunantwort führen und die Anfälligkeit für bestimmte Erkrankungen erhöhen. Es wird auch vermutet, dass Glucocorticoide Einfluss auf den TH1-/TH2-Shift haben, der für die Balance zwischen Entzündungsreaktionen und Immunabwehr wichtig ist.
Eine hohe oder niedrige Cortisolstressantwort kann sich unterschiedlich auf die Zytokinreaktionen im Körper auswirken. Eine höhere Cortisolstressantwort wurde mit einer geringeren Zytokinreaktion in einigen Fällen und einer höheren Zytokinreaktion in anderen Fällen in Verbindung gebracht.
- 1. Das Immunsystem
- 2. Stress und das Immunsystem
- 3. Zytokine
- 4. Weitere Entzündungsbiomarker
- 5. Zytokine im Gehirn: Wanderung und Entstehung
- 6. Messung von Zytokinen: CSF / Serum
1. Das Immunsystem
Die nachfolgende Kurzdarstellung des Immunsystems basiert im Wesentlichen auf Wolf.1
Das Immunsystem besteht aus mehreren verschiedenen Elementen, die sich gegenseitig ergänzen und überlappen, so wie die Stresssysteme die in Bezug auf Stress tun.
1.1. Zelluläre / Humorale Immunantwort
Die zelluläre Immunantwort ist der durch zytotoxische Zellen vermittelte Teil der Immunantwort des adaptiven Immunsystems. Hierzu zählen u.a. Makrophagen, Granulozyten, dendritische Zellen und natürliche Killerzellen.
Das zelluläre Immunsystem vermittelt vornehmlich TH-1-Immunantworten, das bei akuten Entzündungen aktiv ist.2
Die humorale Immunantwort (humor = Feuchtigkeit, Saft, Flüssigkeit) ist die durch nicht‑zelluläre Bestandteile von Körperflüssigkeiten vermittelte Immunantwort. Hierzu zählen u.a. Zytokine, Chemokine und das Komplementsystem.
Das humorale Immunsystem vermittelt vornehmlich TH-2-Immunantworten, das bei chronischen Entzündungen und Allergien aktiv ist.2
1.2. Komplementsystem
Das Komplementsystem besteht aus rund 30 Glykoproteinen, die sich im Blut befinden. Bindet eines davon an ein Pathogen, entsteht eine Kaskade von Enzymreaktionen, durch die sich die Proteine gegenseitig aktivieren, was zur Bekämpfung des Pathogens beitragen kann.3
Das Komplementsystem besteht aus Plasmaproteinen und proteolytischen Enzymen und kann mittels Lyse, Opsonierung oder lokalen Entzündungsreaktionen Bakterien und Viren inaktivieren und zerstören.
Positivregulatoren:
- C1 bis C9
- Mannose-bindendes Lektin (MBL)
- Serinproteasen C1r, C1s, MASP-1 bis 3
Aus Teilen von C1 bis C5 und (mittels Protease-vermittelter Spaltung) und Zusammenlagerungen mit C6 bis C9 entstehen viele weitere Proteine und Proteinkomplexe, z.B.:
- C3a
- C5a
- C4a
- Membranangriffskomplex
Negativregulatoren:
- C1-Inhibitor
- Faktor H
- Faktor I
- C4bp
- CD35
- CD46
- CD55
- CD59
- Vitronektin
Aktivatoren:
- Properdin
- Cobra Venom Factor.
1.3. Angeborene Immunantwort
Die angeborene Immunantwort (Makrophagen, dendritische Zellen, natürliche Killerzellen, neutrophile, basophile und eosinophile Granulozyten) ist schnell und unspezifisch.
Makrophagen erkennen Pathogene anhand der Proteine auf deren Oberfläche und zersetzen sie mittels Phagozytose. Danach präsentieren die Makrophagen auf ihrer Oberfläche die dabei entstandenen Antigene, was Zellen der erworbenen Immunabwehr aktiviert. Die aktivierte Makrophagen setzen Zytokine frei. Zytokine sind chemische Botenstoffe, die lokale Entzündungsreaktionen auslösen.
Dendritischen Zellen repräsentieren wie die Makrophagen Antigene und vermitteln über aktivierte B- und T-Lymphozyten zwischen angeborener und erworbener Immunabwehr.
Natürliche Killerzellen (NK) können mit Viren infizierte oder entartete Zellen erkennen. NK werden mittels eines komplexen Rezeptorsystems aktiviert und bewirken durch Ausschüttung verschiedener Zytotoxine die Apoptose (den Zelltod) der Zielzelle.
1.4. Adaptive (spezifische, erworbene) Immunantwort
Die adaptive Immunantwort (B- und T-Lymphozyten und die daraus entstehenden TH-Zellen) ist zwar langsamer, aber wirkungsvoller. Die adaptive Immunantwort speichert über antigen-spezifische Effektorzellen und Gedächtniszellen einmal erfolgreich gebildete Immunantworten ab, sodass diese bei erneutem Bedarf schneller abgerufen werden können. Dieses Prinzip nutzt die Impfung.
B-Lymphozyten (bone) entstehen aus hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks. Sie entwickeln sich zu Gedächtniszellen oder antikörperproduzierenden Plasmazellen. Sie bilden (mit oder ohne Kontakt zu T-Helferzellen (Th-Zellen) antigen-spezifische Antikörper (= Immunglobuline, Ig).
Regulatorische B-Zellen unterdrücken das Immunsystem.
T-Lymphozyten entstehen in der fetalen Leber und im Knochenmark und wandern mit dem Blut in den Thymus, wo sie ausreifen. Durch Rekombination von Gensegmenten bilden sie spezifische Rezeptoren für verschiedene Antigene.
Lymphozyten produzieren auf ihrer Oberfläche zelluläre Glykoproteine, die „clusters of differentiation“. Je nach Art dieser Glykoproteine entwickeln sich T-Lymphozyten zu verschiedenen Arten von T-Helferzellen (Th-Zellen).
Die reifen (noch antigen-naiven = noch nicht auf bestimmte Antigene spezialisierten) TH-Zellen wandern aus dem Thymus in die lymphatischen Gewebe (Lymphfollikel, Lymphknoten, Milz) wo ihnen durch B-Lymphozyten, dendritische Zellen oder Makrophagen Antigene präsentiert werden, wodurch sie sich auf diese Antigene spezialisieren (Differenzierung).
1.5. Oberflächenmarker
Die Zellen des Immunsystems unterscheiden sich nach Oberflächenmarkern:4
- CD4+: TH-1 (T-Inducer-Zellen)
- CD8+: TH-2 (T-Suppressorzellen)
- CD14+: Monozyten, Makrophagen
- CD16+, CD56+: NK-Zellen
- CD5+, CD19+: B-Lymphozyten
- CD3+: T-Lymphozyten
- CD45+: T-Gedächtniszellen
1.6. Rezeptorklassen
Um körpereigene Zellen vor der Immunreaktion zu schützen, verwenden die antigenpräsentierenden Zellen unterschiedliche Rezeptorklassen zur Antigenpräsentation für die TH-Zellen. Es gibt 3 Rezeptorklassen: CD4+-TH-Zellen binden nur an von MHC-II präsentierte Antigene, CD8+-TZH-Zellen nur an von MHC I präsentierte Antigene. Zu den MHC III-Komplexen gehören die Komplementfaktoren C2, C4 und Bf, sowie verschiedene Zytokine, z.B. der Tumornekrosefaktor (TNF). MHC III sind Plasmaproteine, die an der unspezifischen Immunabwehr beteiligt sind.
1.7. T-Helfer-Zellen (TH-Zellen)
TH-0-Zellen sind TH-Zellen, die noch keinen Antigenkontakt hatten. Je nach Art des Antigens, das ihnen von den Antigenpräsentierenden Zellen präsentiert wird, entwickeln sie sich (vornehmlich) zu TH-1 oder TH-2-Zellen.
TH-1-Zellen werden bei akuten Entzündungen aktiviert42 und schütten Zytokine wie IFN-γ, IL-2 und TNF-α aus, wodurch Makrophagen aktiviert und differenziert werden. Makrophagen (und dendritische Zellen) schütten IL-12 aus, das wiederum fördert, das sich aus den naiven TH-0-Zellen TH-1-Zellen bilden.
IL-12 und IFN-γ hemmen die TH-2-Zellausbildung.
TH-2-CD4-positive Zellen werden bei chronischen Entzündungen und allergischen Reaktionen aktiviert42 und interagieren mittels Zytokinen und zellständigen Molekülen mit B-Lymphozyten. Die B-Lymphozyten produzieren dadurch Antikörper.
Typ2-CD4-positive Zellen fördern dadurch die Produktion von IL-4, IL-5, IL-6, IL-10, IL-13 und Lymphotoxin-α.
IL-4 und IL-10 hemmen die Makrophagen-Aktivierung und damit die TH-1-Zellausbildung.
TH-1-Zellen und TH-2-Zellen hemmen sich also gegenseitig.
Das Immunsystem steht normalerweise in einem funktionellen Gleichgewicht zwischen einer TH-1- und einer TH-2-Betonung.42 Cortisol hemmt TH-1 und fördert TH-2, während Wachstumshormon entgegengesetzt TH-2 fördert und TH-1 hemmt. Cortisol und Wachstumshormon unterliegen einem versetzten Tagesrhythmus und dürften auf diese Weise den regelmäßigen TH-1/TH-2-Wechsel modulieren. Schütten die Stresssysteme dauerhaft zu viel oder zu wenig Cortisol aus, verursacht diese Stressschieflage Störungen des Immunsystems.15
TH-17-Zellen entwickeln sich aus T-Helferzellen nach deren Aktivierung durch Antigenkontakt mittels IL-6 und TGF-β. TH-17-Zellen benötigen IL-23 um zu überleben. IL-23 ist an der Entstehung von Autoimmunerkrankungen beteiligt.
TH17-Zellen produzieren IL-17A bis IL-17F, TNF-α und IL-6 und hemmen TH-1-Zellen.
Die natürlichen regulatorischen T-Zellen (nTreg) stellen bis zu 10 % der peripheren CD4-positiven T-Lymphozyten. Sie haben ausgeprägte immunmodulierende Eigenschaften und unterstützen die Aufrechterhaltung der Selbsttoleranz, indem sie überschießende Angriffe auf intakte Körperzellen begrenzen. Sie hemmen dendritische Zellen, natürliche Killerzellen, CD4+, CD8+-Zellen und B-Lymphozyten. Sie sind bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen involviert.
nTreg fördern die Produktion von CD25.
IL-12 – zusammen mit IL-18 – verstärken die Produktion von IFN-γ durch natürliche Killerzellen (NK). IL-12 zusammen mit IL-18, IFN-α und IFN-γ fördern die Differenzierung von naiven TH-Zellen zu TH-1-Zellen.5
Stress und Glucocorticoide haben unmittelbare gegenseitige Auswirkungen auf das Immunsystem. Stress beeinflusst bestimmte Zytokine, Zytokine beeinflussen Glucocorticoide und Glucocorticoide beeinflussen Zytokine.
2. Stress und das Immunsystem
2.1. Zytokinreaktionen und Cortisolstressantwort bei Gesunden
Eine Studie fand, dass auf milden Stress Gesunde mit einer niedrigen Cortisolstressantwort höhere Stressantworten von IL-6 und IL-1ra im Blut zeigten als diejenigen mit einer hohen Cortisolstressantwort. Zugleich zeigten die Probanden mit einer niedrigen Cortisolstressantwort eine geringere Herzfrequenzvariabilität, was auf eine schlechtere Stressverarbeitung durch das vegetative Nervensystem hindeutet.6 Dies korreliert mit den Ergebnissen einer anderen Studie an Gesunden, wonach eine niedrigere Cortisolstressantwort mit einer verlängerten IL-6-Stressantwort korrelierte.7 Eine weitere Studie an Gesunden fand dagegen eine Tendenz, dass eine erhöhte IL-6-Stressantwort mit einer erhöhten Cortisolstressantwort einhergehe.3
2.2. Zytokinreaktionen und Cortisolstressantwort bei psychischen Störungen
Eine kleinere Studie an Depressiven fand eine positive Korrelation zwischen IL-6-Stressantwort und Cortisolstressantwort und bei Gesunden keinen Zusammenhang.8
Bei Fatigue wurde auf Stress eine Verringerung von IL-6 und TNF-alpha gefunden, während Gesunde eine Erhöhung als Stressantwort zeigten. Bei Fatigue war zudem die ACTH-Werte und die Speichelcortisolwerte insgesamt niedriger, während das Blutcortisol lediglich basal niedriger war. Damit zeigte sich eine negative Korrelation der IL-6 und TNF-alpha-Stressantwort zur Cortisolstressantwort bei Fatigue, gegenüber einer positiven Korrelation bei Gesunden.9
Eine Studie an Psoriaris-Betroffenen fand eine Korrelation zwischen der Immun- und Zytokinstressantwort (Lymphozyten, Granulozyten, CD3+, CD8+, CD16+/CD56+, CD3+/HLA-DR+) und der Cortisolstressantwort auf den TSST.10
Erhöhte ACTH- und Cortisolstressantworten korrelierten positiv mit erhöhten Granulozyten und natürlichen Killerzellen und negativ mit B-Lymphozyten. Weiter zeigten sich als Reaktion auf den TSST bei Psoriaris-Betroffenen wie Gesunden10
- CD4+ – Zellen erhöht
- CD4+ Zellen lösen typischerweise erhöhte Werte von
- IL-2
- IFN-gamma
- TNF-alpha aus.
- CD4+ Zellen lösen typischerweise erhöhte Werte von
- CD25+ Zellen verringert, aber nur bei Psoriasis-Betroffenen, nicht bei Gesunden
- IFN-gamma signifikant erhöht
- IL-2 signifikant erhöht
- IL-10 signifikant verringert
- IL-4 signifikant verringert
Bei akut Depressiven zeigte sich (anders als bei Gesunden) eine positive Korrelation der Stressantworten von Cortisol und IL-6 sowie zwischen den Stressantworten von Adrenalin, TNF-α und CRP. Gesunde zeigten lediglich eine signifikante Korrelation zwischen ACTH und CRP-Stressantworten.8
Bei nicht Depressiven wie bei remittierten (gesundeten ehemals) Depressiven fand sich dagegen keine Korrelation zwischen den Stressantworten von Cortisol einerseits und Zytokinen andererseits (IL-6, TNF-α, IL-10).3
Erhöhte chronische Stressspiegel korrelierten – bei remittiert Depressiven wie bei Gesunden – mit erhöhten basalen Blutwerte von IL-6 und IL-10, nicht aber mit TNF-α. Remittiert Depressive hatten höhere chronische Stressspiegel und folglich höhere basale IL-6- und IL-10 Spiegel als Nichtbetroffene.3
Das subjektive Empfinden von akutem Stress korrelierte mit erhöhten basalen Blutwerten von IL-6, nicht aber von TNF-α und IL-10.3 Dabei waren die IL-10 Werte bei der Antizipation eines Stresstests (TSST) bei denjenigen Probanden, die eine hohe Cortisolstressantwort aufwiesen, signifikant erhöht.3
TNF-α unterschied sich weder in der Stress-Antizipationsphase noch in der Stressantwort zwischen Probanden mit einer hohen und einer niedrigen Cortisolstressantwort.3
Eine chronische und anhaltende Erhöhung des Cortisolspiegels kann, als Folge eines andauernden negativen Feedbacks der HPA-Achse, zu einer erniedrigten HPA-Achsen-Aktivität führen, was eine erhöhte Neuroinflammation und eine Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen auslöst.11
Während das Ausmaß der Cortisolstressantwort auf einen emotional belastenden Film keine Korrelation zur nachfolgenden kognitiven Kontrolle/Leistung im Stroop-Test zeigte, wurde diese durch höhere stressbedingte Anstiege der proinflammatorischen Zytokine IL-1β, IL-6, und IL-8 stärker beeinträchtigt als durch schwächere Anstiege.12
Adrenalin und Noradrenalin (die ebenfalls ein Teil der endokrinen Stressreaktion sind) verursachen ebenfalls einen TH1-/TH-2-Shift.1314
2.3. Glucocorticoide und das Immunsystem
Die Reaktion auf Glucocorticoide stellt nur einen Teil der Stressantwort dar. Glucocorticoide werden zudem im Wesentlichen erst am Ende der Stressreaktion durch die 3. Stufe der HPA-Achse ausgeschüttet.
Die Stressantwort mancher Zytokine korreliert mit der Höhe der Cortisolstressantwort, die anderer nicht. ADHS-HI ist häufig mit einer abgeflachten Cortisolstressantwort verbunden, ADHS-I sehr häufig mit einer überhöhten Cortisolstressantwort.
Bei der Reaktion auf Antigene fällt der höchste Anstieg der Antikörper mit einem zeitgleichen Anstieg der Glucocorticoide (um das 2 bis 3-fache) und der höchsten Aktivität der Stresshormon produzierenden Zellen des Hypothalamus zusammen.4 IL-1 bewirkt eine unmittelbare Ausschüttung von ACTH und Cortisol (anders als IL-2, INF-gamma und TNF-alpha). Cortisol wiederum hemmt die IL-1-Synthese.15 Damit scheint sich die Immunreaktion von der Stressreaktion zu unterscheiden, bei der Glucocorticoide erst zeitversetzt am Ende der HPA-Achse ausgeschüttet werden.
Zudem produzieren Lymphozyten unmittelbar endokrine Hormone wie ACTH, beta-Endorphine, TSH, GH, Prolaktin.4
2.1.1. Aktivierende Wirkung von Glucocorticoiden
Glucocorticoide erhöhen die Produktion bzw. Ausschüttung von
- IL-1β
- bereits geringe Dexamethasonmengen erhöhen die Endotoxin-induzierte Menge von IL-1β durch Makrophagen16
- IL-4
- mittels Hemmung von IL-12, was dessen IL-4-hemmende Wirkung mindert1718 Vor diesem Hintergrund warnen die Autoren vor einer dauerhaften Anwendung von Glucocorticoiden bei Allergien, da diese die Allergieprobleme verschärfen.
- durch Anregung der IL-4-Produktion von TH-2-Zellen19
- Studienergebnisse sind widersprüchlich, siehe unten
- IL-10
- durch Anregung der IL-10-Produktion von TH-2-Zellen19
- IL-13
- durch Anregung der IL-13-Produktion von TH-2-Zellen19
- IL-18
- Cushing-Betroffene mit hohen Cortisolspiegeln haben zugleich hohe IL-18-Spiegel5
2.1.2. Hemmende Wirkung von Glucocorticoiden
Glucocorticoide verringern die Produktion bzw. Ausschüttung von
- IFN-α um 50 bis 60 %5
- IFN-γ5
- mittels Unterdrückung der IL-12-Produktion in Antigen-präsentierenden Zellen
- mittels Verringerung der IL-12-Rezeptor-Empfindlichkeit von natürlichen Killerzellen und TH-1-Zellen
- IL-1-Beta
- durch Verringerung der Trankriptionsrate der Gene dieser Interleukine und der Verringerung der Stabilität ihrer mRNA20
- IL-25
- IL-421 (Studienergebnisse sind widersprüchlich, siehe oben)
- IL-521
- IL-620
- andererseits wird Stress der Mutter, der Schäden beim Ungeborenen verursacht, durch IL-6 vermittelt. Die durch pränatalen Stress der Mutter verursachte mangelhafte Entstehung GABAerger Zellen beim Ungeborenen kann durch IL-6-Antagonisten verhindert werden.22
- Cortisol kann die Expression von IL-6-Rezeptoren in Leberzellen verstärken und die IL-6-vermittelte Produktion von Akutphasenproteinen (APP) induzieren.23
- Noradrenalin, das (wie Cortisol) Teil der endokrinen Stressreaktion ist, stimuliert dosisabhängig die Expression von IL-6-mRNA sowie die Produktion von IL-6 in Astrozyten mittels β2- und α1-Adrenozeptoren.24 Da die Noradrenalin-Ausschüttung zeitlich noch vor der Aktivierung der HPA-Achse erfolgt, könnte die Hemmung von IL-6 durch Cortisol eine negative Feedbackschleife darstellen, vergleichbar zur Hemmung der HPA-Achse nach erfolgter Stressreaktion.
- IL-1217
- was die IL-10-Produktion steigert5
- Katecholamine vermitteln über β2-Adrenozeptoren ebenfalls eine IL-12-Verringerung über mehrere Tage.25
- Eine Asthma-Therapie mit Glucocorticoid- und / oder β2-AR-Agonisten verringert vermutlich
- die Fähigkeit der Antigen-präsentierenden Zellen,17
- IL-12 zu produzieren
- die Typ-2-Zytokin-Synthese in aktivierten TH-Zellen zu unterdrücken und
- die Eosinophilien zu bekämpfen.
- In der Folge aktivieren diese Antigen-präsentierenden Zellen naive (nicht Zytokin-gebundene) T-Zellen, wodurch
- IL-4 erhöht wird
- IFN-γ eingeschränkt wird
- Im Ergebnis sind Glucocorticoide und β2-AR-Agonisten bei Asthma nur kurzfristig vorteilhaft. Langfristig können sie die Anfälligkeit für allergische Erkrankungen erhöhen. Dies bestätigt sich dadurch, dass Glucocorticoide wie β2-AR-Agonisten die IgE-Produktion potenzieren. 52627
- die Fähigkeit der Antigen-präsentierenden Zellen,17
- die Expression von IL-12-Rezeptoren auf T-Zellen und NK28
- IL-1321
- IL-18, wenn auch nicht vollständig5
- TNF-α5
- TGF-β-1 in Gliazellen (auf Dexamethason)29
- Histamin
- mittels β2-Adrenozeptoren wird die Histaminproduktion der Mastzellen reduziert. Katecholamine haben die selbe Wirkung.5
Es wird vermutet, dass verringerte Cortisolspiegel durch erhöhte Histaminspiegel das nächtliche Keuchen von Asthmatikern verursachen.
Histamin verstärkt über H2-Rezeptoren den TH-1-/TH-2-Shift.5
- mittels β2-Adrenozeptoren wird die Histaminproduktion der Mastzellen reduziert. Katecholamine haben die selbe Wirkung.5
- GM-CSF (granulocyte macrophage colony-stimulating factor)21
3. Zytokine
Zytokine sind Proteine, die auf einen aktivierenden Reiz hin von Körperzellen freigesetzt werden. Sie binden an spezifische Rezeptoren und haben dadurch vielfältige Wirkungen. Derzeit sind über 50 Zytokine bekannt.
3.1. Wirkungsbereiche von Zytokinen
Zytokine haben verschiedene Auswirkungen:
- Aktivierung des Immunsystems bei entzündliche Prozessen
- Regulierung der Blut-Hirn-Schranke
- Regulierung der HPA-Achsen-Hormone
- anregende und hemmende Effekte auf Neurotransmittersysteme
- Dopamin
- Serotonin
- Noradrenalin
- Acetylcholin
3.2. Arten von Zytokinen
Zytokine unterscheiden sich in
3.2.1. Hämatopoetine
- Interleukine (IL, auch Lymphokine genannt) sind von Lymphozyten freigesetzte Zytokine
- IL-2
- IL-3
- IL-4
- IL-5
- IL-6
(frühere Namen: Interferon-β2 (IFNB2), B-Zell-stimulierender Faktor, B-Zell-Differenzierungs-Faktor, Leberzell-stimulierender Faktor)
Ausschüttung auf starke und lange Muskelbeanspruchung (6 Stunden) ca. 100-fach verstärkt. Ausschüttungsmaximum am Ende der Muskelbeanspruchung, danach schneller Abfall. Ausschüttung teils aus Muskelzellen selbst. Anhaltendes Training bewirkt Verringerung der IL6-Ausschüttung bei Belastung. IL-6 reguliert vermutlich über die Leber, das Fettgewebe, die HPA-Achse und Leukozyten immunologische und metabolische Reaktionen auf Training. 30- Rezeptoren:
- IL-6R, nur auf Leberzellen und Leukozyten
- sIL-6R, löslicher (soluble) IL-6-Rezeptor. Über diese Bindung bindet das Glykoprotein gp130 in Zellmembranen sehr vieler Zelltypen.
- IL-7
- IL-9
- IL-11
- IL-12
- IL-13
- IL-15
- Erythropoetin (EPO)
- Thrombopoetin (TPO)
- Leukämiehemmender Faktor (LIF)
- G-CSF
- GM-CSF
3.2.2. Tumornekrosefaktor (TNF)
- TNF-α
- Wirkungen:
- Hypothalamus:
- erhöht CRH
- hemmt Appetit
- reguliert Fieber
- Leber:
- bildet Akute-Phase-Proteine
z.B.- C-reaktives Protein (CRP).
- bildet Akute-Phase-Proteine
- Makrophagen:
- stimuliert Phagozytose.
- neutrophile Granulozyten
- migrationsfördernd.
- generell:
- erhöht Insulinresistenz
- steigert Cyclooxygenase-2-Aktivität
- lokale Erhöhung bewirkt Entzündungen
- Hitze
- Rötung
- Schwellung
- Schmerz
- extreme Erhöhung bewirkt Schock
- Hypothalamus:
- Bupropion verringert den TNF-alpha-Spiegel.31
- Wirkungen:
3.2.3. Interferone
Interferone sind antivirale Proteine, die von Zellen als Antwort auf eine Virusinfektion gebildet werden. Sie hemmen die Replikation von Viren.
- Alpha-Interferon (IFN-α) (früher: Typ-I)
- Beta-Interferon (IFN-β)
- Gamma-Interferon (IFN-γ)
- aktiviert Makrophagen durch bessere Verschmelzung von Phagosomen mit Lysosomen und Förderung der Produktion des bakteriziden Stickstoffmonoxids und reaktiver Sauerstoffradikale
- induziert antimikrobielle Peptide
- induziert 1α-Hydroxylase in Makrophagen
- überführt 25(OH)‑Vitamin D3 in 1,25(OH)2‑Vitamin D3 ohne Produkthemmung der 1α-Hydroxylase
- Tau-Interferon
3.2.4. Chemokine
Chemokine werden von verschiedenen Zellen als Reaktion auf Bakterien oder Viren freigesetzt. Sie können Leukozyten chemisch lenken (Chemoattraktoren). Es gibt 4 Gruppen: CC, CXC. C3 und C. Eine umfassende Auflistung findet sich bei Wikipedia.32. Viele Chemokine haben mehrere Namen. IL-8 ist eine andere Bezeichnung für CXC-8.
3.3. Unterscheidung nach TH-1 und TH-2-Zugehörigkeit
3.3.1. TH-1-Zytokine
TH-1-Zytokine sind pro-inflammatorische Zytokine, die vornehmlich durch Stresshormone der ersten beiden Stufen der HPA-Achse gefördert werden (CRH und ACTH) und von Cortisol gehemmt werden.
- TNF-α3334
- TNF-β,34
- IFN-α534
- IFN-γ3334
- IL-1α34
- IL-1β3334
- IL-233
- IL-63334
- IL-83334
- IL-125
- IL-1835
- Makrophagen inhibitorisches Protein-134
Krankheitsbilder mit einer Verschiebung des Immunsystems in Richtung TH-1 sind z.B.
- Rheumatische Arthritis5
- Multiple Sklerose5
- Typ-1-Diabetes mellitus5
- Autoimmune Schilddrüsenerkrankung5
- Kollagen- und Adjuvans-induzierte Arthritis5
- Experimentelle allergische/autoimmune Enzephalomyelitis5
3.3.2. TH-2-Zytokine
TH-2-Zytokine sind antiinflammatorische Zytokine, die vornehmlich durch Stresshormone der dritten Stufe der HPA-Achse gefördert werden (Cortisol).
- IL-1ra (Rezeptor Antagonist)3334
- IL-433
- IL-533
- IL-95
- IL-1033
- IL-1135
- IL-135
- IL-25
- soluble IL-1-Rezeptor34
- TNF-α binding protein34
- IL-1 binding protein34
Daneben ist eine TH-2-Dominanz des Immunsystems mit einer erhöhten Histamin5 und IgE-Produktion verbunden.36
3.3.3. TH-17
- IL-17
3.3.4. TH-reg
4. Weitere Entzündungsbiomarker
4.1. Akut-Phase-Proteine
4.1.1. C-reaktives Protein (CRP)
CRP ist ein Akut-Phase-Protein, das 12 bis 24 Stunden nach Auftreten eines Infekts messbar wird. Es aktiviert das Komplement-Immunsystem. CRP ist ein wichtiger Indikator für die Aktivierung des Immunsystems.
4.2. Mikroglia
Mikroglia sind bestimmte Gliazellen mit der Funktion von Gewebsmakrophagen. Sie entstehen nicht wie die meisten Zellen aus dem Knochenmark, sondern aus Dottersackzellen.
Es gibt zwei Arten der Makrophagenaktivierung: M1 und M2.
Die Aktivierung der Mikrogliazellen wird durch den M1-Phänotyp ausgelöst, der mit einem Anstieg von IL-1β und TNF-α einhergeht. Der M2-Phänotyp ist demgegenüber mit einer Freisetzung von entzündungshemmenden Zytokinen verbunden.37
5. Zytokine im Gehirn: Wanderung und Entstehung
5.1. Wanderung von Zytokinen in das Gehirn
Periphere Zytokine können über verschiedene Wege in das Gehirn gelangen oder dort entstehen:38
- direkte oder trägervermittelte Passage der Blut-Hirn-Schranke
- Aktivierung von Endothelzellen und perivaskulären Makrophagen in den Blutgefäßen des Gehirns
- lokale Aktivierung peripherer Nerven (z.B. Vagus), die dann Zytokinsignale an relevante Hirnregionen weiterleiten, z.B. an den Nucleus solitaris oder Hypothalamus
- peripher rekrutierte aktivierte Immunzellen (z.B. Monozyten, Makrophagen, T-Zellen) ins Gehirn
Zytokine wie IFN-a, IFN-c, IL-2, IL-10, IL-1, IL-6 und TNF-a können die Blut-Hirn-Schranke überwinden, an Rezeptoren von vagalen sensorischen Nerven binden und die HPA-Achse stimulieren.11
Bei 20 bis 30 % der psychiatrisch Betroffenen finden sich Störungen der Blut-Hirn-Schranke. Diese geht meist mit Aktivierung der Astrozyten einher. Es wird vermutet, dass die Störung der Blut-Hirn-Schranke Folge einer milden chronischen Entzündung ist.4
5.2. Entstehung von Zytokinen im Gehirn
Zytokine werden im Gehirn produziert durch:38
- Mikroglia (hauptsächlich)
- Astrozyten
- Nervenzellen
- Oligodendrozyten
Endothelzellen und perivaskuläre Makrophagen werden durch Zytokine zur Expression der prostaglandinproduzierenden Enzyme Cyclooxygenase-2 (COX-2) und Prostaglandin-E-Synthase (PGES) angeregt.38
6. Messung von Zytokinen: CSF / Serum
Pro-inflammatorische Zytokine sind im Gehirn und im Blut nachweisbar. Die Messung von Zytokinen im Blut hat vornehmlich Bezug auf ihre immunologischen Wirkungen. Zytokine, die im Blut vorhanden sind, gelangen auch ins Gehirn. Umgekehrt ist dies jedoch nicht immer der Fall. Da die neuropsychologischen Wirkungen, also die Veränderung von Verhaltensweisen, im Gehirn vermittelt werden, und Zytokine, die im Gehirn vorhanden sind, nicht im gleichen Maße im Blut nachweisbar sind, macht eine Messung von Zytokinen im Blut in Bezug auf die Feststellung von neuropsychologischen Einflüssen wenig Sinn.39
Beispiele:
- Peripher gegebenes IFN-α verringert den L-Tryptophan-Wert im Blut, nicht jedoch den L-Tryptophan-Wert in der Gehirnflüssigkeit.40
- Eine einmalige Gabe von Endotoxin bei Mäusen erhöht den TNF-α-Wert umgehend. Während der periphere TNF-α nach 9 h im Serum und nach 1 Woche in der Leber wieder sank, blieb er im Gehirn für 10 Monate lang erhöht.41
- Zytokine werden teilweise durch die Blut-Hirn-Schranke transportiert, jedoch auch in Astrozyten und Mikroglia direkt im Gehirn synthetisiert.4
- IL-2 im Blut repräsentiert nicht die durch IL-2 im Gehirn vermittelten Symptome. So hat lediglich Liquor-IL-2, nicht aber Blut-IL-2, einen Prognosewert in Bezug auf Schizophrenie.4
- Die Auswirkungen von IL-1-beta auf IL-6-Wert-Veränderungen im Blut differieren von den Auswirkungen auf IL-6 in der Gehirnflüssigkeit.42
- Chinolinsäure, die erhebliche Verhaltensdefizite vermittelt, zeigte in einer Untersuchung trotz signifikant erhöhter Werte im Gehirn keinerlei Korrelation zwischen Blutwerten und Gehirnflüssigkeitswerten.43
Dies gilt im Übrigen auch für Neurotransmitter und Hormone.
Die DHEA-Werte im Gehirn betragen im Schnitt das 6,5-fache des Blutwertes, die DHEA-Werte in der Gehirnflüssigkeit betragen jedoch nur 1/20 der Blutwerte.44
Während bereits akute und starke Neuroinflammation des Gehirns nicht einfach zu messen und diagnostizieren ist, sind chronische oder niederschwellige Neuroinflammation noch schwieriger festzustellen und zu beurteilen. Messungen der Gehirnflüssigkeit sind bei akuter Meningoenzephalitis charakteristisch, bei akuter Enzephalitis ohne Meningitis schwieriger und bei niederschwelliger Neuroinflammation sehr schwierig und nur bei hoher Expertise auswertbar. Messungen sollten stets gleichzeitig entnommene Liquor-Serum-Probenpaare umfassen, um die Dynamik des Austauschs zwischen dem Blut und Gehirnflüssigkeit zu erkennen. Es sollten stets alle Immunglobulin-Subklassen untersucht werden und die jeweiligen Quotienten mit Q-Albumin verglichen werden. Die endgültige Klassifizierung erfolgt anhand des gesamten Satzes aller Parameter von Serum, Gehirnflüssigkeit und Zellen, um Ausreißer und Fehler im Datensatz schneller zu erkennen. Selbst dieser Ansatz kann auch eine akute Enzephalitis nicht ganz ausschließen, da lumbal (= aus dem Rücken) gewonnener Liquor möglicherweise wenig Aussagekraft in Bezug auf die Großhirnrinde oder den Liquor aus Subarachnoidalräume des Gehirns hat.45
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